»Dienst am Wort – Gedanken zur Sonntagspredigt« – die Predigtzeitschrift für Pfarrer und alle im Dienst der Verkündigung Stehenden. Sie enthält für jeden Sonn- und Feiertag ausgearbeitete Predigten zu Lesung und Evangelium sowie Texte zu einzelnen Gottesdienstelementen.
Unsere aktuelle Ausgabe 6/2024
mit folgenden Beiträgen:
Einführung
Anton Seeberger
Liebe Leserinnen und Leser,
ich bin predigtmüde. Nicht als Predigt-Hörer, sondern als Predigt-Sprecher und Predigt-Schreiber. Die Unterscheidung ist mir wichtig, nicht dass eine oder einer der Prediger/innen meint, er oder sie müssten Predigt-Ferien machen. Gerade in der Urlaubszeit höre ich gerne Predigten und wenn mich ein Wort oder Satz daraus anspricht, bin ich glücklich und fühle mich dankbar und gestärkt.
Vielleicht ist meine Predigt-Müdigkeit eine Alterserscheinung. Ich empfinde manchmal, dass alles schon gesagt ist und besser gesagt ist, als ich es sagen kann. Aber ich weiß, dass die Leute, die mir zuhören, da sind, um mein Zeugnis zu hören, meine Verkündigung zu erleben, von meinem Glauben inspiriert zu sein. Zwei Prediger/innen können nie denselben Satz sagen, hat mein Ausbilder damals gesagt. Selbst wenn der Wortlaut derselbe ist, dann ist das Zeugnis verschieden, eigen, vielleicht einzigartig für diesen Hörer in diesem Moment. Das tröstet und entlastet mich. Ich bin auch predigtmüde, weil ich empfinde, wie mein eigenes Sprechen zum Klischee erstarrt.
Gottes Gäste dürfen wir heute wieder sein, und wir dürfen alles mitbringen, was uns in den vergangenen Tagen beschäftigt hat, was wir erlebt und getan haben. Da steht Gelungenes neben Gescheitertem, Freude und Dankbarkeit neben Frust und Enttäuschung, gelebte Liebe neben Egoismus und Bequemlichkeit. Mit all dem dürfen wir kommen – und sind willkommen, wie wir sind. Vertrauen wir uns und alles, was wir mitbringen, unserem Gott an, bitten wir um seinen liebenden, heilsamen Geist für unser Leben.
Es gibt Lieder über die Schönheit der Berge, Lieder über Bäume und Lieder über das Meer. Heute hören wir den Text eines Liedes, das die ganze Welt in den Blick nimmt – und sich über deren Schönheit unbändig freut. Der Psalm 104 erinnert uns daran, wem wir diese Welt zu verdanken haben. Ihm, unserem Gott, dürfen wir heute unser Lob und unseren Dank bringen.
Herbstzeit ist immer auch Erntezeit. Deshalb schmücken Gläubige in vielen Kirchen heute den Erntedankaltar. Die Erntegaben zeigen mit ihren verschiedenen Gesichtern und Gestalten, was der Schöpfer alles hat wachsen und gedeihen lassen.
Da finden sich große runde Kürbisse neben schlanken ranken Stangenbohnen, zuckersüße Trauben neben tränenerweichenden Zwiebeln, saftige Zwetschgen neben süß-sauren Äpfeln, weiße und rote Krautköpfe und jede Menge verschiedenster Kräuter, gelbe und rote Rüben, dicke und dünne Kartoffeln, Honig und Marmelade, Brot und Wein. Erstaunlich bunt ist die Vielfalt, die unsere Augen und Nasen heute in den verschiedensten Gerüchen, Farb- und Duftnoten erfreuen und bewundern. Für all das, was zur Ernte dieses Jahres gehört, feiern wir heute Erntedank, das Fest der Danksagung an unseren Gott, aus dessen Schöpferhand wir das alles empfangen.