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der Zeitschrift
»Dienst am Wort«
Herausgeber
Einführung
Liebe Leserinnen und Leser,

das zentrale Symbol unseres Glaubens ist ein Folterinstrument, das Kreuz! Und das – zumindest in der katholischen Kirche – am meisten verbreitete Bild ist der Gekreuzigte, das Bild eines tödlich verwundeten, gefolterten, schrecklich zugerichteten Menschen. Eigentlich ist es unerträglich, ständig diesem Symbol und diesem Bildnis ausgesetzt zu sein. Nur die Gewöhnung, vielleicht auch eine Art von Desensibilisierung bewirken, dass wir vor diesem Symbol und Bildnis nicht hin und wieder davonlaufen. In mancher Lebenssituation wäre es leichter, das Bild eines lächelnden Buddha vor sich zu haben als das Bild des gekreuzigten Christus; wohl wissend, dass das Lächeln des Buddha ein mit viel Mühe und Übung errungenes Lächeln ist. Aber wir verkündigen Christus, den Gekreuzigten. Wir sehen und finden unseren Gott in diesem verwundeten, verletzten, geschundenen, sterbenden, getöteten Menschen, von dessen Bildnis wir umgeben sind.

Die Entdeckung des Menschen als eines arg verletzlichen Wesens hat seinen theologischen Anker in Christus, der auf der Seite des in seiner Würde verletzten und in seiner Existenz bedrohten Menschen steht. In ihm macht sich Gott die Wunden der Menschen zu eigen, ihre Last, ihren Schmerz, ihre Krankheit, ihren Tod.

Wie verletzlich wir Menschen sind – auch wir, die wir alle Möglichkeiten haben, uns zu schützen –, zeigt die Corona-Pandemie mit unfassbarer Wucht. Die Mittel dagegen sind durchaus wirksam, aber den erhofften Erfolg haben sie bisher nicht gebracht. Wir schützen uns, aber der Schutz bleibt brüchig.

Verletzlich zu sein, gehört zu den Bedingungen unseres Lebens, von Gott gegeben, erfahren erlitten, aufgenommen, verwandelt. Es ist eine Stärke unserer Wahrnehmung und eine Kraft der Hinwendung zum Menschen. Wir lassen uns berühren von der Not des Nächsten und auffordern, ihr abzuhelfen. Verletzlich zu sein, bedeutet auch, schwach zu sein, bedeutet die »Berührungsfurcht« (Elias Canetti) abzulegen, mitzutragen, mitzuleiden, auch sich mitzufreuen. Der Verletzliche ist ständig den Zumutungen des Lebens, des eigenen und des fremden, ausgesetzt. Mitunter braucht es eine große Stärke und einen langen Atem, die Zumutungen anzunehmen. Der Glaube an den gekreuzigten Christus ist dazu eine große Kraft und Inspiration. Was uns Menschen zugemutet wird, ist nicht blindes Schicksal, dem wir uns ergeben, sondern Auftrag und Herausforderung zu Veränderung und Umkehr, aber manchmal auch Auftrag und Herausforderung zum gemeinsamen Tragen und Bewältigen.

Das Hintergrundthema unserer diesjährigen Predigtreihe an den Fastensonntagen ist »Vulnerabilität/Verletzlichkeit«. Wer sich auf dieses Thema stärker einlassen möchte, dem möchte ich zwei Tipps aus meiner Leseerfahrung weitergeben: Byung-Chul Han, Palliativgesellschaft. Schmerz heute, Berlin 2020 und Svenja Flaßpöhler, Sensibel. Über moderne Empfindlichkeit und die Grenzen des Zumutbaren, Stuttgart 2021.

Im Namen der Herausgeber und des Verlags wünsche ich Ihnen einen wachen und inspirierenden Weg durch die Fastenzeit und grüße Sie herzlich
Anton Seeberger

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