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der Zeitschrift
»Dienst am Wort«
Herausgeber
Einführung
Liebe Leserinnen und Leser,

ich bin predigtmüde. Nicht als Predigt-Hörer, sondern als Predigt-Sprecher und Predigt-Schreiber. Die Unterscheidung ist mir wichtig, nicht dass eine oder einer der Prediger/innen meint, er oder sie müssten Predigt-Ferien machen. Gerade in der Urlaubszeit höre ich gerne Predigten und wenn mich ein Wort oder Satz daraus anspricht, bin ich glücklich und fühle mich dankbar und gestärkt.

Vielleicht ist meine Predigt-Müdigkeit eine Alterserscheinung. Ich empfinde manchmal, dass alles schon gesagt ist und besser gesagt ist, als ich es sagen kann. Aber ich weiß, dass die Leute, die mir zuhören, da sind, um mein Zeugnis zu hören, meine Verkündigung zu erleben, von meinem Glauben inspiriert zu sein. Zwei Prediger/innen können nie denselben Satz sagen, hat mein Ausbilder damals gesagt. Selbst wenn der Wortlaut derselbe ist, dann ist das Zeugnis verschieden, eigen, vielleicht einzigartig für diesen Hörer in diesem Moment. Das tröstet und entlastet mich. Ich bin auch predigtmüde, weil ich empfinde, wie mein eigenes Sprechen zum Klischee erstarrt. Das passiert nicht aus Bequemlichkeit, auch nicht aus dem Bedürfnis heraus, nichts Falsches zu sagen, auch nicht aufgrund mangelhafter Vorbereitung, sondern allein weil die Kreativität nachlässt und weil ich nur noch schwer aus meinen eigenen Sprachgewohnheiten herausfinde. Ich bin ganz gierig darauf, Prediger/innen mit anderen Sprechgewohnheiten und Sprachspielen zu lesen und zu hören. Ich bin auch predigtmüde, weil mir das Evangelium immer gewaltiger erscheint, weil mir zugleich Christus zuweilen so nahe ist, dass es eine Verletzung der Diskretion des Glaubens wäre, davon zu sprechen. Müdigkeit kann man überlisten mit Wach-Machern. Der Körper reagiert auf Kaffee und andere Drogen, der Geist reagiert auf Allopathisches, wenn er also etwas ganz Fremdes zu sich nimmt. Darum noch ein Literaturtipp. Eine ganz belesene Kultur-Managerin hat mir bei einem Besuch den Roman Die Passion von Amelie Nothomb geschenkt, erschienen 2022 im Diogenes-Verlag. Christus führt ein Selbstgespräch in der Nacht vor seiner Hinrichtung. Spannend, christologisch, theologisch inspirierend, provokant, verstörend. Ich bin der unhinterfragbaren Überzeugung, der bestverkörperte Mensch zu sein – sagt Christus von sich selbst. So viel zum Thema Inkarnation! Und noch viel theologisch höchst relevante Körperbeobachtung, zum Beispiel über den Schlaf oder über den Durst. Mehr verrate ich nicht! Es ist eine wunderbare Lektüre, um sich dem Geheimnis des Christus mit anderen Augen und Worten anzunähern. Aufpassen muss ich, dass ich meine Müdigkeit nicht auf das Konto verbuche, das Evangelium wäre langweilig und der Christus hätte mir und uns nichts Neues mehr zu sagen! Nein, wenn ich meiner eigenen Predigtmüdigkeit nachgebe, bin ich umso begieriger, ein treffendes Wort und glaubwürdiges Zeugnis von anderen Autorinnen und Autoren zu hören und zu lesen.

Gute Zeit und freundliche Grüße.

Für die Herausgeber und den Verlag
Anton Seeberger

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