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Leseprobe 1 |
Zweiter Sonntag nach Weihnachten |
Gott heiligt die Welt |
Lesejahr C |
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Beitrag zum Evangelium
Einführung
Er ist nicht häufig im Kalender, dieser 2. Sonntag nach Weihnachten. Gerade sind wir im neuen Jahr angekommen, morgen ist Epiphanie – da führt uns der heutige Sonntag noch einmal in das Weihnachts-Geheimnis hinein. Es geht um Vertiefung, und wie die zweite Lesung sagt, um die Erleuchtung unserer Augen, der Augen unseres Herzens. Damit wir tiefer verstehen, zu welcher Hoffnung wir berufen sind. Und immer besser begreifen, welcher Reichtum darin liegt, dass Gott Mensch für uns wurde.
Kyrie-Ruf
Herr, Jesus Christus, du kamst als Licht in unsere Welt. Herr, erbarme dich.
Herr, Jesus Christus, du bleibst immer bei uns. Christus, erbarme dich.
Herr, Jesus Christus, du verbindest uns zu einer heiligen Gemeinschaft. Herr, erbarme dich.
Tagesgebet
Messbuch – Zweiter Sonntag nach Weihnachten
Liedvorschläge
Gesang zur Eröffnung GL 256, 1.4 »Ich steh an deiner Krippe hier«
Antwortgesang mit Ruf vor dem Evangelium GL 252,1.4.6 »Gelobet seist du Jesu Christ« und GL 480 »In den Tagen des Herrn«
Gesang zur Gabenbereitung GL 186 »Was uns die Erde Gutes spendet«
Gesang zur Danksagung GL 372,1–3 »Morgenstern der finstern Nacht«
Schlusslied GL 239, 1.5–6 »Zu Betlehem geboren«
Vorüberlegungen
Der Johannesprolog ist ein derart verdichteter, feierlicher Hymnus, dass eine »richtige« Auslegung auf einen langen Vortrag hinausliefe – und nicht auf eine Predigt. Ich bemühe mich also, der wichtigsten Aussage über die Inkarnation nachzugehen. Natürlich berührt das den johanneischen Dualismus zwischen »Welt« und »Gott«. Welt als Gegen-Welt Gottes, Welt aber ebenso als Raum seiner Gegenwart – leibhaftiger Gegenwart, und damit Identifikation mit allem, was Menschenangesicht hat. Eintritt in eine sündige Welt, der er jetzt auch materiell angehört – und die er heiligt.
Predigt Zum Text: Joh 1,1–18 (Evangelium)
Noch einmal, wie am ersten Weihnachtstag, hören wir heute den Anfang des Johannesevangeliums. Dieser Prolog macht die Weihnachts-Perspektive weit, er wirft noch einmal ein ungewohntes Licht in die weihnachtliche Botschaft. All das klingt wie ein feierliches Lied und lädt dazu ein, jeden Satz lang nachschwingen zu lassen. Der Text des Evangeliums ist komplizierter als die Weihnachtsgeschichte selbst, ein Hymnus auf den ewigen Gott und das Licht in der Welt. Aber es lohnt, einmal an einer bestimmten Stelle etwas tiefer zu bohren. »Die, die ihn aufnahmen«, steht hier, also nicht all die anderen, die Seinen, die ihn nicht aufnahmen, »die ihn aufnahmen, an ihn glauben« – kommen laut Johannes »nicht aus dem Blut, nicht aus dem Willen des Fleisches, nicht aus dem Willen des Mannes, sondern sie sind aus Gott geboren«. Klingt so, als wenn es sich um Menschen handelte, die gar nicht von Fleisch und Blut sind. Klingt so, als wenn all dies negativ wäre: das Blut, der Wille des Fleisches, der Wille des Mannes. Und dann, zwei Zeilen weiter: Gottes ewiges Wort ist Fleisch geworden. Nichts Negatives also. Johannes will sagen: Wenn wir glauben, dann tun wir es nicht, weil das schon in unserer Natur festläge. Dann kommt das nicht aus dem Zustand, in dem wir geboren sind: irdisch, fleischlich, weltlich eben, total in der biologischen Kette all dessen, was lebt. Denn wenn wir an Gott glauben, dann sind wir aus all dem herausgenommen: eben aus Gott geboren. Die Taufe ist diese Wiedergeburt aus dem Wasser und dem Heiligen Geist. Doch Gott selbst tut genau das Umgekehrte: Er wird Fleisch. Und im griechischen Text des Evangeliums ist dieses Wort »Fleisch« ein sehr hartes Wort: sarx. Und das bedeutet eben nicht Leib, wie wir »leibhaftig« sagen oder »körperlich« – es ist ein viel härteres Wort. Es erinnert direkt an das zuckende, verletzliche Fleisch – und das ist volle Absicht. Mitten in das hinein, was so rein biologisch, mitten in das hinein, was so total innerweltlich ist, gibt sich Gott voll und ganz. Er ist damit ein materiell greifbarer Gott geworden. Einer der großen christlichen Denker sagt dazu: Die wirklichen Materialisten, das sind wir, die Christen. Denn wir glauben nicht an Ideen, die in der Luft liegen, wir geben uns auch am Weihnachtsfest nicht einfach nur emotionalen Stimmungen hin, sondern wir glauben an Tatsachen, die ganz aus dieser Welt sind. Eben fleischlich, tat-sächlich, und ganz und gar so, dass es sich wirklich um Fakten handelt. Wir sind die echten Materialisten, wir glauben nicht, dass irgendetwas hinter den Dingen ist, wir glauben: Es ist in den Dingen. Das ist alles andere als pantheistisch, es will nur intensiv deutlich machen: Die ganze Welt, von Gott geschaffen, ist voll von ihm, kraft seiner Schöpfung. Jeder Mensch, der geboren wird, selbst wenn er von Christus nichts hört und auch nicht getauft werden kann, ist geheiligt, weil Sein Wort Fleisch geworden ist. Weil Gott selbst diese Welt eben nicht mehr als ein großes Gegenüber, wie abgetrennt, ausgeworfen ins Weltall hinein sieht, sondern weil er selbst mitten drin ist. Unerkannt, sehr unauffällig … unsere Krippe ist ja der unauffälligste Platz, an dem Gott selbst ankommen kann. Von diesem Platz aus dürfen wir den Christus kennen, der alles menschliche Fleisch geheiligt hat. Und wir kennen ihn mitten in allem, was wir leibhaftig, sagen wir also fleischlich, aushalten müssen, mitten in alledem – erkennen wir Ihn.
In all dem, was wir oft so schwer mit uns herumschleppen: die Krankheiten, das Alter, auch die inneren Enttäuschungen, alles was einfach nicht mehr geht … Früher ging es noch, und da war Energie, da war Sport, da war alles Mögliche und Großartige und man hat auch noch zu etwas getaugt – wie viele alte Leute sagen, wenn man sie besucht: »Wenn ich doch noch für irgendwas gut wäre« … Mitten in diese fleischlichen, leibhaftigen Umstände wird Christus Mensch. Nicht feierlich, hoch über allen Köpfen, nicht getrennt von dem, was wir da alle durchmachen, sondern ganz und gar. Mit allen Konsequenzen. Damit ist die Pfeilrichtung von der Krippe zum Kreuz vom ersten Augenblick an schon da. Er kommt in unser menschliches Fleisch, um wirklich alles mit uns zu teilen. Und wenn es so etwas gibt wie einen Trost für unser ganzes Leben, dann ist es eben dieser Gott, der Mensch wurde, der uns so menschlich gegenübersteht. Und es gibt keine, überhaupt keine menschliche Lebenslage, die diesem Gott fremd wäre, denn Christus hat das alles durchlebt. Alles durchlebt, ja alles – allerdings außer der Sünde. Er war ohne Sünde, aber er hat sie gut gekannt. Oft genug hat er gerade den Menschen, die in die Sünde verstrickt waren und da nicht mehr rauskamen, deshalb geholfen, weil sein Verständnis nicht nur darin besteht, sich in jemand anderen hineinzuversetzen. Denn Christus hat sich ja grundsätzlich, indem er kam, nicht nur in uns hineinversetzt, sondern er ist wie wir geworden. Das geht viel tiefer, es geht an die Wurzeln unserer Existenz. Er hat den Wurzelgrund unseres Daseins geheilt. Und deshalb bedeutet der Satz »Er kam in die Welt, und die Welt ist durch ihn geworden« die Heiligung der Welt. Dieses Evangelium in der Hand darf niemand mehr sagen, das »Weltliche« sei etwas Schlimmes. Sei ein Gegensatz zu dem, was Gott will. Gegensatz ist nur das Böse, das Sündhafte, das Inhumane – all das ist allerdings ein Gegensatz zu ihm – aber nicht die Welt! Denn die Welt ist heilig, weil er zur Welt kam, ein Stück dieser Welt wurde. Als ein Verletzbarer, man konnte ihn quälen und töten. Man konnte ihn enttäuschen, wie alle Menschen enttäuscht sind, über das, was man ihnen antut. Und dennoch bleibt er ganz und gar auf unserer Seite. In der Weihnachtszeit feiern wir dieses endgültige, großartige, nicht bloß hoffnungsvolle, sondern ganz gewisse Faktum: Dass Er unsere Welt rettet. Nicht erst am Ende, wenn sie einmal untergeht. Nicht nur für den je Einzelnen, wenn es ganz dringlich ist. Er kam in sein Eigentum, und dieses Eigentum sind wir.
Fürbitten
Lasst uns zu Gott beten, der uns in der Fülle der Zeit seinen Sohn geschenkt hat:
– Um aufrichtige Friedensbemühungen in der Heimat Jesu und im ganzen Nahen Osten. (Herr, hilf uns auf unserem Weg.) – Um eine Herberge für alle, die heimatlos unterwegs sind in dieser Zeit. – Um ein Ankommen in der weihnachtlichen Freude für alle, die noch von Sorgen und Leid belastet sind. – Für alle Menschen, die eine Gemeinschaft suchen, in der sie mit ihren Gaben willkommen sind. – Für alle, die einen geliebten Menschen verloren haben, und für unsere Verstorbenen, deren Weg in dieser Welt zu Ende gegangen ist.
Gott, du segnest uns mit der Hoffnung, die vor aller Resignation bewahrt. Dir sei Lob und Dank in alle Ewigkeit. Amen.
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Matthias Marx |
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