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der Zeitschrift
»Dienst am Wort«
Herausgeber
Leseprobe 1
Heiliger Petrus und heiliger Paulus – Am Tag
Befreit, um andere zu befreien
Lesejahr A - B - C
Beitrag zur Lesung und zum Evangelium

Einführung

Die heiligen Petrus und Paulus haben wie zwei Ochsen unter ein und demselben Joch den Acker der Welt durchpflügt und den Boden bereitet, in dem die frohe Botschaft Jesu in allen Ländern gedeihen konnte. Ein und derselbe Auftrag, das Evangelium zu verkünden, hat zwei sehr unterschiedliche Menschen – zuweilen unter heftigem Streit – zusammengebracht und miteinander verbunden. Sie haben sich gegenseitig nicht gesucht, aber sie wurden beide von Gott gefunden, um das Evangelium von Jesus, seinem Sohn, in seiner Vielfalt zu bezeugen. So finden bis heute Menschen mit ganz verschiedenen Hintergründen in der Gemeinde Jesu Christi zusammen. Was sie verbindet, ist die Sehnsucht nach Worten und Taten der Befreiung und der Liebe.

Kyrie-Ruf

Herr Jesus Christus, du hast deine Kirche auf Petrus, den Felsen, gebaut und ihm die Schlüssel des Himmelreichs übergeben.
Herr, erbarme dich.

Du bist Paulus, der dich verfolgt hat, vom Himmel her erschienen und hast ihn zum Apostel der Völker berufen.
Christus, erbarme dich.

Du hast Petrus und Paulus zusammengeführt und sie in der Auseinandersetzung unterschiedliche Wege des Christseins finden lassen.
Herr, erbarme dich.

Tagesgebet


Gott,
du hast die Apostel Petrus und Paulus in deinen Dienst gerufen: Wie Petrus die frohe Botschaft Jesu in Israel bezeugt hat, so hat sie Paulus in alle Welt zu den Völkern getragen.

Wir danken dir heute für das große Geschenk des Evangeliums, das uns durch die Apostel und ihre Nachfolger erreicht hat.

Und wir bitten dich: Öffne uns die Ohren und das Herz, damit wir erleben, was dein Wort uns verkündet: die Versöhnung und den Frieden.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.

Liedvorschläge

Gesang zur Eröffnung
GL 546,1–4 »Christus, du Licht vom wahren Licht«

Antwortgesang mit Ruf vor dem Evangelium

GL 543,1.4–5 »Wohl denen, die da wandeln« und GL 544/1 »Halleluja«

Gesang zur Gabenbereitung
GL 484,1–4 »Dank sei dir, Vater, für das ewge Leben«

Gesang zur Kommunion

GL 474,1-5 »Wenn wir das Leben teilen wie das täglich Brot«

Schlusslied
GL 548,1–5 »Für alle Heilgen in der Herrlichkeit«

Vorüberlegungen
Zu den Texten: Apg 12,1–11; Mt 16,13–19 (1. Lesung und Evangelium)

Die Schriftlesungen des heutigen Hochfestes sind nach ebenso naheliegenden wie oberflächlichen Kriterien ausgesucht worden: Das Christusbekenntnis des Petrus mit der anschließenden Verheißung Jesu (Mt 16,13–19) und ein Stück aus dem deuteropaulinischen 2. Timotheusbrief (2 Tim 4,6–8.17–18), der sich als Testament des Paulus zu verstehen gibt, erscheinen geeignet, um die überragende Bedeutung der beiden Tagesheiligen zu unterstreichen. Was dazu nicht passt, wird ausgeblendet, so die Rückbindung der Binde- und Lösegewalt des Petrus an dieselbe Vollmacht der Gemeinde (Mt 18,15–18) oder der unversöhnliche Streit der beiden Apostel um die Frage nach der jüdischen Identität der entstehenden Kirche (Gal 2,11–21). Vor diesem Hintergrund darf man es als glückliche Fügung bezeichnen, dass in der Erzählung von der wunderbaren Rettung des Petrus aus dem Gefängnis in Jerusalem (Apg 12,1–11) ein Bild von dem Apostel gezeichnet wird, das seine Schlüsselgewalt aus Mt 18,19 ins richtige Licht setzt. Was in der Perikopenordnung wohl nur als erbauliche Legende zum Festtag gedacht war, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als wichtiges Gegengewicht: Der Träger der Schlüssel zum Himmelreich liegt hinter Schloss und Riegel gefangen und muss selbst zuerst befreit werden, bevor er anderen die Türen öffnen und schließen kann. Dieser Zusammenhang wird auf einem barocken Altarblatt in der Weggentalkirche von Rottenburg in unaufdringlicher Weise anschaulich: Petrus, die Schlüssel über dem Arm, braucht dennoch den Engel, der ihm vorangeht und die Türen öffnet. Gezeigt wird hier kein Petrus in übermenschlicher Machtvollkommenheit, sondern ein befreiter Befreier, der allen Grund zur Demut hat.

Predigt

Schlüssel spielen in unserem Alltag eine ganz entscheidende Rolle. Jeder von uns läuft mit Schlüsseln in der Tasche herum. Mit dem passenden Schlüssel öffnen wir die Türen zu Haus und Wohnung, Auto und Arbeitsstätte, zum Briefkasten, zum Schließfach und zu vielem anderen mehr. In der digitalen Welt funktioniert nichts ohne Nutzerkennung und Passwort, PIN und TAN und Ähnliches, was uns virtuelle Räume erschließt und für geschützte Kommunikation sorgen soll. Mit unseren Schlüsseln verwalten wir die Grenze zwischen Eigenem und Fremdem. Nur was uns gehört und wozu wir einen Schlüssel haben, darüber können wir auch verfügen. Alles andere bleibt uns entzogen und liegt nicht in unserer Macht. Jesus verheißt Petrus, dass er ihm die Schlüssel des Himmelreichs geben wird. Deshalb sind die Schlüssel zum Erkennungszeichen des Petrus geworden, und er selbst erscheint in unzähligen Witzen als Hüter des Himmelstors. An ihm liegt es, wer hineinkommt und wer draußen bleiben muss. Konkret bedeutet das, dass er die Vollmacht zur Sündenvergebung erhalten hat, allerdings nicht, damit er sie unerbittlich oder willkürlich ausübt. Wenig später wird Petrus von Jesus belehrt, dass er seinem Bruder oder seiner Schwester nicht siebenmal, sondern siebenundsiebzigmal – und das heißt eigentlich immer – vergeben muss, wenn diese sich gegen ihn versündigt haben (Mt 18,21–22). Nur wenn der oder die andere sich unbelehrbar schädlich gegenüber den Brüdern und Schwestern verhält, ist irgendwann eine Grenze erreicht, ab der die Gemeinschaft sich selbst gegen ein solch asoziales Benehmen schützen und einen Ausschluss verhängen muss. Das Ziel bleibt aber auch dann noch die Versöhnung, sollte der andere sich irgendwann doch einmal bekehren.

Petrus ist freilich nicht nur derjenige, der anderen die Türen öffnet und schließt. Er hat es auch selbst nötig, dass ihm aufgesperrt und der Weg in die Freiheit gewiesen wird. Das ist die andere Seite der Medaille, die uns durch die Erzählung aus der Apostelgeschichte vor Augen geführt wird. Petrus mag ein mächtiger Mann im Himmel sein, aber auf Erden haben andere die Macht, denen auch er unterworfen ist. Um sich ihnen zu entwinden, braucht Petrus selbst göttlichen Beistand, der ihm in Gestalt eines Engels gesandt wird. Die Episode von der wunderbaren Befreiung des Petrus aus der Kerkerhaft in Jerusalem mag man als fromme Legende abtun. Was darin erzählt wird, geschieht in der profanen Welt ja nie. Da wird es im finsteren Verlies nicht plötzlich hell, sondern Menschen zerbrechen und verrotten in den schrecklichen Gefängnissen der Unrechtsstaaten. Da tauchen nicht plötzlich Engel auf, sondern wieder und wieder böse Dämonen, die unschuldige und wehrlose Menschen quälen und foltern. Da springen die eisernen Tore nicht von selbst auf, sondern werden unter größten Anstrengungen höchstens einen Spalt breit aufgestemmt, sodass vielleicht einer von vielen entkommen kann. Das ist die Wirklichkeit in unserer Welt. Was sollen wir also mit dieser frommen Geschichte? Ihre Wirklichkeit liegt auf einer anderen Ebene. Sie erzählt von der Hoffnung und dem Freimut derer, die sich von der weltlichen Macht nicht einschüchtern lassen, weil sie auf eine höhere Macht vertrauen, die ihnen innere Kraft und Widerstandsfähigkeit verleiht. Sie erzählt auch von der Freiheit derer, die sich weigern, den Hass, der ihnen entgegenschlägt, ihrerseits mit Hass zu beantworten. Es ist diese innere Freiheit, die sich über die äußeren Verhältnisse erhebt und dadurch Menschen überhaupt erst befähigt, in einer Welt von Unrecht und Leid den Glauben an das Gute nicht zu verlieren. Diese Freiheit ist ein besonderes Geschenk Gottes, das nicht allen Menschen zuteilwird; und die es bekommen, erhalten es nicht für sich selbst, sondern zum Dienst an den anderen, denen sie helfen, die Fesseln von Sünde und Tod abzustreifen und aus der Versöhnung zu leben. Ein derart begnadeter Mensch ist Petrus, der von Gott befreit wurde, um andere zu befreien.

Dieser Petrus, der befreite Befreier, ist auf einem barocken Altarbild in der Rottenburger Weggentalkirche auf eindrückliche Weise dargestellt. Ihm voraus geht ein kräftiger Engel aus den himmlischen Heerscharen, der ihm den Weg aus dem fest verschlossenen und gut bewachten Gefängnis bahnt. Diesem beherzten Boten Gottes folgt Petrus mit scheuer Miene und zurückhaltender Geste. Obwohl er den Schlüsselbund am Arm trägt, weiß er sich nicht selbst zu helfen, sondern ist auf die Führung und Tatkraft des geflügelten Wegbereiters angewiesen. Nicht selbstherrlich und auftrumpfend, sondern hilfsbedürftig und tastend begegnet uns hier der Petrus, dem Jesus die Schlüsselgewalt für das Himmelstor übertragen hat. Beides gehört zusammen, und beides muss stets zusammen gesehen werden, damit aus dem zum Versöhnungsdienst Berufenen nicht selbst ein Despot wird, der mehr Gefallen findet am Abschließen und Einsperren als am Aufmachen und Freilassen. Vergebung, Versöhnung und Frieden kann glaubhaft und wirksam nur predigen und bewirken, wer selbst von Gott dazu befähigt wurde, diese Gaben anzunehmen und weiterzuschenken. Petrus ist ein solcher Mensch, das können uns die heutigen Schriftlesungen sagen, die von seiner Befreiung und von seiner Vollmacht zeugen. Auf dem barocken Altarbild trägt Petrus die Schlüssel seiner Macht, aber er muss vorher selbst befreit werden, damit er sie zum Wohle der Menschen ausüben kann.

Fürbitten

Gott, du hast die Apostel ausgesandt als Boten der Versöhnung und des Friedens. Unsere Welt und unsere Herzen sind jedoch zerrissen von Hass und Krieg. Wir bitten dich:

– Für die Menschen, die zu Unrecht und unter menschenunwürdigen Bedingungen in Gefängnissen einsitzen und in Straflagern geschunden werden.
(Herr, befreie sie.)
– Für die Menschen, die unter Einsatz ihres Lebens dem Bösen Einhalt gebieten und für das Gute kämpfen, die sich ungerechter Angriffe erwehren müssen.
– Für die Christen der unterschiedlichen Konfessionen, die in Rechthaberei gefangen, vom Erfolg geblendet oder vom Misserfolg niedergedrückt sind.
– Für die Menschen, die den Tod vor Augen haben oder die ihn schon erlitten haben, für die Angehörigen in ihrer Ohnmacht und Trauer.

Gott, du bist unsere Hoffnung in schwierigen Zeiten. Steh uns bei und sende uns deinen Geist als Tröster und Beistand. Durch Christus, unseren Herrn. Amen.

Wilfried Eisele

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