Dienst am Wort – Startseite
Startseite » Aktuelle Ausgabe » Leseprobe 1
Titelcover der aktuelle Ausgabe 7/2024 – klicken Sie für eine größere Ansicht
Die Inhalte
der Zeitschrift
»Dienst am Wort«
Herausgeber
Leseprobe 1
Allerheiligen
Wie Kirchenfenster
Lesejahr A – B – C
Beitrag zum Evangelium

Einführung

Sie sind Vorläufer und Vorläuferinnen im Glauben, erinnern an die Botschaft Jesu und ermutigen, mit Gott zu rechnen: Es sind die vielen Heiligen der Kirche. Heute verbinden wir uns mit ihnen und stellen uns mit ihnen in eine Verbindungsreihe, die uns in unserem Glauben stärken soll. Die Heiligen sind keine weiteren Götter, die wir auch anbeten sollen, sondern es sind Brüder und Schwestern im Glauben, die uns Türen aufzeigen wollen, wie wir auch heute mit Gott im Alltäglichen rechnen können.

Kyrie-Ruf

Herr, Jesus Christus, dein Licht öffnet Herzen.
Herr, erbarme dich.

Herr, Jesus Christus, dein Licht führt zusammen.
Christus, erbarme dich.

Herr, Jesus Christus, dein Licht baut Brücken.
Herr, erbarme dich.

Tagesgebet

Messbuch – Allerheiligen

Gebet

Gott
Mich loslassen
und in Dein Herz fallen
Vertrauen
und mein Leben auf Dich setzen
Auf Jesus schauen
und mich nach ihm richten
Ins Dunkle gehen
und mit Dir rechnen
Das will ich
mein Gott und alles.1

Liedvorschläge

Gesang zur Eröffnung
GL 542 »Ihr Freunde Gottes allzugleich« oder
GL 148 »Komm her, freu dich mit uns«

Antwortgesang mit Ruf vor dem Evangelium
GL 543 »Wohl denen, die da wandeln« und GL 454 »Geht in alle Welt, Halleluja«

Gesang zur Gabenbereitung
GL 442 »Wo die Güte und die Liebe wohnt, dort nur wohnt der Herr«

Gesang zur Danksagung
GL 414 »Herr, unser Herr, wie bist du zugegen«

Schlusslied
GL 548 »Für alle Heilgen in der Herrlichkeit« oder
GL 831 (Diözesanteil Freiburg und Rottenburg-Stuttgart) »Wäre Gesanges voll unser Mund«

Vorüberlegungen

Heilige sind oft ganz alltägliche Menschen, die aus einfachen oder gewöhnlichen Verhältnissen stammen, aber im Laufe ihres Lebens gerade darin das Größere und uns Übersteigende entdecken. Sie beleuchten das Leben auf neue und besondere Weise. Zwischen diesem Alltäglichen und Außergewöhnlichen, vielleicht sogar Verwunderlichen, liegt eine Spannung, die das Leben und die Verehrung von Heiligen auszeichnet.

Eine ähnliche Spannung findet sich auch im Text der Seligpreisungen. Die Seligpreisungen loben einen Zustand, der zunächst nicht lobenswert ist, da er für Diskriminierung oder Ausgrenzung steht, wie beispielsweise die Armut. Dennoch verheißt die Glaubenslogik, dass gerade darin eine Verheißung steckt, dass Gott auf ihrer Seite ist und dass die Armut mit Trauer, Gewalt und Hunger, die aus der Armut folgen, nicht das letzte Wort hat. Dadurch dreht sich in den Seligpreisungen eine aussichtslose in eine aussichtsreiche Perspektive. Verstärkt wird diese im Verständnis des Matthäus, der gerade auch für Juden schreibt, dass er die Seligpreisungen auf einem Berg stattfinden lässt, der als Berg stets Verheißungscharakter hat und eventuell an die Befreiung Israels erinnert.

Die Perspektive der Heiligen und die Perspektive der Seligpreisungen fallen in einer kontrafaktischen Neubewertung einer alltäglichen Situation zusammen. Diese Verbindung versuche ich im Bild der Kirchenfenster zu verdeutlichen. Heilige als auch die Seligpreisungen sind wie Kirchenfenster, die ein buntes Farbspiel erzeugen, wenn durch sie die Sonne scheint. Dadurch werden die Farbfenster zum Handlungs- und Botschaftsbild, die verdeutlichen, wie die Spannungskonstellationen der Seligpreisungen zu verstehen sind und wie Heilige in der Banalität des Alltags aus dem Glauben handelten.

Predigt
Zum Text: Mt 5,1–12 (Evangelium)

Banales kommt zum Leuchten

Von banal spricht man gerne, wenn etwas als platt erscheint oder wenn eine Aussage als oberflächlich, leer oder inhaltslos empfunden wird. Banal meint aber auch alltäglich oder selbstverständlich.

Heilige zwischen Banalem und Außergewöhnlichem

Heilige würde man nicht mit banal in Verbindung bringen. Sie sind alles andere als banal. Sie handeln oft nicht mit einer selbstverständlichen Routine oder machen mutige und tiefe Aussagen. Dennoch schreibt der niederländische Seelsorger und Schriftsteller Joop Roeland: »Ein Heiliger wohnt in der Banalität des Alltags.« Offensichtlich sind Heilige gerade in der Banalität gefragt. Sie werden abgebildet mit ganz alltäglichen Gegenständen und werden mit dem Wiederfinden von verlorenen Hausschlüsseln oder mit einer guten Ernte in Verbindung gebracht. Heilige haben also mit dem Alltäglichen und auch Banalen zu tun, aber überschreiten gleichzeitig beides auf ein Geheimnis. In der Person des Heiligen kommt das Banale und Alltägliche mit dem Licht der Ewigkeit in Kontakt.

Deshalb schreibt Joop Roeland weiter: »Ein Heiliger wohnt im Geheimnis des Daseins.« Ein Heiliger entdeckt im Alltag durch sein Dasein mehr. Er oder sie schauen dahinter. Ein Franz von Assisi entdeckt im Aussätzigen mehr als Aussatz. Bernhard von Clairvaux findet im Alltag die Leidenschaft des Glaubens oder Teresa von Avila öffnet den Augenblick für die Achtsamkeit. Heilige teilen also unseren Alltag und überschreiten ihn gleichzeitig. Sie wagen, hoffen und lieben auf eine außergewöhnliche, manchmal sogar befremdliche Weise.

Von dieser Fremde spricht wiederum Joop Roeland, indem er sagt: »Ein Heiliger wohnt auch im Fremden.« Er oder sie führten oft ein Leben, das befremdlich war. Ein Märtyrertod oder der Verzicht auf Nahrung außer womöglich dem täglichen Verzehr einer Hostie sind radikale Lebensweisen, die uns als fremd erscheinen. Gleichzeitig haben sich Heilige auch oft in das Fremde gewagt und haben sich auf die fremde Begegnung eingelassen. Heilige, könnte man zusammenfassend sagen, wohnen im Banalen, entdecken aber gerade darin ein Geheimnis und bleiben uns auch teilweise fremd.

Bergpredigt als Paradox von Glück und Unglück


Auch die Bergpredigt setzt an der Banalität des Alltags an und stellt sie in ein anderes Licht und Geheimnis. Sogar noch ein Stück radikaler wendet die Bergpredigt den Blick auf die im Alltag Benachteiligten und Diskriminierten. Es ist der Blick auf die Armen. Sie stehen an erster Stelle in den Seligpreisungen, was zum Ausdruck bringt, dass wir an den Armen nicht vorbeikommen, weil sich Gott auf die Seite der Armen gestellt hat. Die drei sich anschließenden Seligpreisungen sind dann Folgen, die aus der Armut resultieren: Trauer, Gewalt und Hunger.

Die Armut und ihre daraus folgenden Dimensionen stellt Matthäus schließlich in den Kontext eines Berges, womöglich des Berges Sinai. Der Berg hat eine Verheißung und beim jüdischen Volk klingt dort die Geschichte der Befreiung Israels aus der Knechtschaft Ägyptens an. Armut, Trauer, Gewalt und Hunger werden in ein anderes Licht, ja, in ein neues Geheimnis gestellt, von dem eine Hoffnung und eine Zuversicht ausgehen. Armut hat also nicht das letzte Wort. In die Ausweglosigkeit des Lebens wird die paradoxe Aussicht gestellt, dass gerade im Schwachen eine Stärke liegen könnte. Dies rechtfertigt auf keine Weise Armut oder Diskriminierung, durchleuchtet sie jedoch auf eine neue Perspektive hin und preist sie deshalb selig. Es entsteht eine ermutigende Zusage, dass es Hoffnung in der Hoffnungslosigkeit, Zuversicht in der Ausweglosigkeit und Vertrauen in der Erfolglosigkeit gibt. Nur in dieser paradoxalen Logik kann der Lohn im Himmel, der auch schon auf Erden beginnt, verstanden werden, was jedoch in keiner Weise Armut an sich glorifiziert.

Heilige sind wie Kirchenfenster

In den Heiligen und in den Seligpreisungen finden sich jeweils Spuren von Leben, von Glück und von Hoffnung. Beide stellen den radikalen und prekären Alltag in eine neue Perspektive, die in sich zunächst eine sich ausschließende Spannung darstellt: Armut und Glück, Trauer und Trost, Gewalt und Leben. Diese Spannungen und die sich dahinter befindende Botschaft finden sich für mich im Bild von Kirchenfenstern. Für mich sind sowohl Heilige als auch die Seligpreisungen wie Kirchenfenster. Ein einfaches, vielleicht in seiner künstlerischen Dimension noch nicht erkennbares Farbfenster verändert sich und gewinnt an Ausdruckskraft, wenn die Sonne hindurchscheint. Heilige lassen durch den Alltag und durch die großen und kleinen Fragen der Menschen das Licht und das Geheimnis Gottes strahlen. Dadurch wird noch nicht alles gut. Die Schmutzflecken im Fenster bleiben nach wie vor erhalten. Dennoch verändert sich der Raum und im Bild gesprochen der Alltag. Der Blick und die Perspektive werden bunter und erhalten eine neue Farbe. Dadurch werden sie vielleicht erträglicher oder zeigen einen Weg der Veränderung. Auch in den Seligpreisungen wird die Ohnmacht von einem neuen Licht durchstrahlt, was ihr die Perspektive des Seligen gibt. Durchstrahlte Farbfenster werden dann zur solidarischen Perspektive und somit zum Auftrag nicht nur für die Heiligen, sondern für uns alle.

Heilige als auch die Seligpreisungen animieren, die verschiedenen Formen der Armut neu in Blick zu nehmen. Durch die Nähe zu den Hoffnungslosen könnte eine Hoffnung entdeckt werden, durch das Reden über die Ausweglosigkeit könnte sich eine Zuversicht auftun oder durch die Solidarität mit den Erfolglosen könnte neues Vertrauen entstehen. Beide, die Heiligen und die Seligpreisungen, ermutigen uns also, das Leben mit seinen vielfältigen und heraufordernden Seiten in das Licht Gottes zu halten, selbst wie Kirchenfenster zu sein, durch die das Kraft spendende Licht Gottes strahlen kann.

Diese Einladung am Fest Allerheiligen stellt an uns selbst die Frage, was hänge oder halte ich in das Licht Gottes? Welche Menschen, welche Situation oder mich selbst? Dann verändert sich vielleicht Alltägliches oder Herausforderndes in eine andere Perspektive oder in ein anderes Licht.

Fürbitten


Lasst uns zu Gott beten, der uns mit seinem Segen heilmachen möchte:

– Für Menschen, die im Nahen Osten, der Ukraine oder anderen Kriegsgebieten wohnen: dass sie die Hoffnung auf Versöhnung und Frieden nicht aufgeben.
(Herr, sende deinen Geist.)
– Für die Vergessenen in unserer Gesellschaft: Schenke uns einen wachen Blick und frischen Geist, gerade den Leisen und Benachteiligten einen Platz zu geben.
– Für junge Menschen, die nach Orientierung suchen und Angst vor der Zukunft haben: dass sie vertrauensvolle Erfahrungen machen können.
– Für alle, die unter dem Verlust eines lieben Menschen leiden: um Hoffnung und Kraft.
– Für unsere Verstorbenen, deren Weg in dieser Welt zu Ende gegangen ist: um die Vollendung ihres Lebens in der neuen Welt bei Gott.

Gott, du allein bist heilig und kannst heilen. Dir sei Lob und Herrlichkeit, Weisheit und Dank in alle Ewigkeit. Amen.


Anmerkungen:
1 Anton Rotzetter, Gott, der mich atmen lässt. Gebete des Lebens, Freiburg 2001, 185.

Bernd Hillebrand

Zurück zur Startseite

pastoral.de


Das bewährte
BasisProgramm
auf CD-ROM


pastoral.de - BasisProgramm

oder

Die
Web-Plattform
im Browser


pastoral.de - Web-Plattform

Vergleichen Sie hier


Dienst am Wort
Telefon: +49 (0) 711 44 06-134 · Fax: +49 (0) 711 44 06-138
Senefelderstraße 12 · D-73760 Ostfildern
Kontakt | AGB | Datenschutz | Impressum