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Leseprobe 2 |
Dritter Fastensonntag |
Dir glaub ich Gott – trotz der Zumutung seiner Geduld |
Lesejahr C |
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Beitrag zum Evangelium
Einführung
So viel Leid und Ungerechtigkeit erleben wir Tag für Tag, im eigenen Leben oder tausendfach durch die Medien aus aller Welt vermittelt. Da fällt es nicht leicht, an einen liebenden und gerechten Gott zu glauben. Das war schon zur Zeit Jesu so. Heute hören wir im Evangelium, welche Antwort er seinen Zeitgenossen auf ihre Zweifel und Fragen gibt. Ist es eine Antwort auch auf unsere Fragen? Bringen wir ihm unsere Fragen, bitten wir ihn, dass er uns im Glauben und Vertrauen stärkt, auch dann, wenn es keine einfachen Antworten gibt.
Kyrie-Ruf
Herr Jesus Christus, du weißt um unsere Zweifel und Fragen. Dein Geist will unseren Glauben erneuern. Herr, erbarme dich.
Du weißt um unsere Schwächen, unser Scheitern. Dein Geist will uns stärken in der Versuchung. Christus, erbarme dich.
Du weißt um unsere Schuld. Dein Geist will uns Heilung und Versöhnung schenken. Herr, erbarme dich.
Oder:
GL 161 »Du rufst uns, Herr, trotz unserer Schuld«
Tagesgebet
Großer Gott, in dieser Fastenzeit willst du unseren Glauben stärken und erneuern. Unsere Zweifel und Fragen dürfen wir dir offen sagen. Die Grenzen unseres Gottvertrauens halten wir dir hin. Wir danken dir, dass du uns liebevoll und geduldig begegnest. Schenke uns die Erfahrung, dass du uns trägst und führst, auch und gerade dann, wenn uns der Glaube schwerfällt, wenn unser Vertrauen an Grenzen kommt. Darum bitten wir durch Jesus Christus, unseren Herrn.
Liedvorschläge
Gesang zur Eröffnung GL 149,1–3 »Liebster Jesu, wir sind hier«
Antwortgesang mit Ruf vor dem Evangelium GL 414,1–5 »Herr, unser Herr, wie bist du zugegen« und GL 176/3 »Herr Jesus, dir sei Ruhm und Ehre«
Predigtlied (Credo) GL 178 »Amen, Amen, Amen, wir glauben«
Gesang zur Gabenbereitung GL 429,1–2.4 »Gott wohnt in einem Lichte«
Gesang zur Danksagung GL 297,1–4 »Wir danken dir, Herr Jesu Christ«
Schlusslied GL 452,1.5 »Der Herr wird dich mit seiner Güte segnen«
Vorüberlegungen
Im Rahmen der Predigtreihe unter dem Leitthema »Jesus – dir glaub’ ich Gott« begegnet uns mit dem Evangelium dieses Sonntags eine Fragestellung, die viele Menschen an Gott zweifeln lässt: Wie kann es sein, dass der liebende und gerechte Gott das Leiden so vieler unschuldiger Menschen zulässt, erduldet, geschehen lässt, ohne einzugreifen? Kann es einen solchen Gott geben? Oder ist es der deistische Gott, der die Welt erschaffen hat wie ein geniales Uhrwerk, in dessen Geschehen er aber nicht mehr eingreifen kann oder will?
Die Menschen des ersten Testamentes haben auf diese Fragen eine Antwort gefunden, die Gott rechtfertigt: Wenn nicht die leidenden Menschen, so haben eben ihre Vorfahren Schuld auf sich geladen, für die die Nachkommen durch ihr Leiden müssen.
Doch Jesus weist diese Deutung zurück: Jeder Mensch ist nur für seine eigenen Taten und Verfehlungen verantwortlich. Er verweist stattdessen auf die Geduld Gottes mit den Menschen und erklärt die Leiderfahrungen als Mahnung vor Selbstgewissheit und vor dem Aufschieben. Die Zeit der Leiden ist also Gnadenzeit: eine dem Menschen geschenkte Zeit, sein Leben gemäß dem Evangelium auszurichten, um bei Gott Rettung zu finden.
Im Rahmen der Predigt wird diese Deutung mit heutigen Krisenerfahrungen in Verbindung gebracht und dazu ermutigt, Gottes Geduld zu achten, die mit menschlichen Maßstäben nicht zu messen ist. Mit dem Leitwort der Predigtreihe ausgedrückt: dem menschlichen Jesus die das menschliche Maß übersteigende Größe Gottes zu glauben.
Predigt Zum Text: Lk 13,1–9 (Evangelium)
Ist Gott eigentlich alles egal?
»Mein Gott, warum?« Diese Frage liegt sicherlich manchen von Ihnen manchmal auf den Lippen angesichts menschlichen Elends, das kein Ende nehmen will. Warum, Gott, gebietest du ihnen nicht Einhalt, den Kriegstreibern, den skrupellosen Terroristen? Warum hilfst du nicht den Vernünftigen zum Sieg, die sich einsetzen für Frieden, Gerechtigkeit, für die Bewahrung deiner Schöpfung? Warum kommt bei Mitmenschen, die ohnehin schon viel zu tragen haben, so oft noch eine Herausforderung dazu? Noch eine Diagnose, noch ein Streit in der Familie, noch ein beruflicher Stress mehr?
»Mein Gott, warum?« Ist dir das Leid der Menschen gleichgültig? Kannst du oder willst du nicht helfen? Hörst du uns überhaupt? Gibt es dich überhaupt? Ja, nicht selten führen solche Fragen dazu, dass Menschen sich von Gott abwenden und den Glauben aufgeben.
Auch aktive und überzeugte Christinnen und Christen kennen die tiefen Zweifel, die diese Fragen in uns auslösen können. Es ist nicht leicht auszuhalten, dass wir gerade auf diese grundlegenden Fragen keine Antwort geben können. Zumindest keine Antwort, die wirklich keine Fragen mehr zurücklässt.
Menschliche Logik: Schuld und Strafe
Warum trifft einen Menschen solches Leid? Diese Fragen bewegten auch schon die Menschen zur Zeit Jesu. Sie hatten ihre Antwort gefunden, heute hören wir davon im Evangelium: Da Gott ja auf jeden Fall gerecht ist, so hieß die Logik, kann ein Unglück, ein Schicksalsschlag nur eine Strafe Gottes sein. Was aber, wenn ein Mensch keine Schuld auf sich geladen hat und trotzdem vom Unglück getroffen wird? Dann ist es wohl die Schuld seiner Vorfahren, für die er büßen muss. Menschlich logisch – kein Geschehen ohne Grund, keine Strafe ohne vorausgegangene Schuld. Logisch. Sonst wäre es ja nicht gerecht.
Göttliche Logik: Gott will den Schuldigen retten
Doch Jesus durchbricht diese menschliche Logik: Gottes Logik ist eine andere. Er bestraft nicht durch Unglücke, Krankheiten oder Verbrechen, die ein Mensch erleiden muss. Wie er auch nicht die Guten belohnt, indem ihnen alles glückt und nichts Schlimmes widerfährt.
Diese Dinge sind Teil einer Schöpfung, zu der Werden und Vergehen, Freude und Schmerz, Gelingen und Scheitern unausweichlich dazugehören. Und schon gar nicht bestraft Gott einen Menschen für die Sünden seiner Vorfahren. Jeder Mensch muss für sich selbst geradestehen.
Gott sieht das Handeln der Menschen und er bewertet es. Denn Gott ist nicht gleichgültig gegenüber dem Leid der Menschen. Er leidet mit seinen Geschöpfen. Doch mehr noch als Strafen will er retten: Er will die Bösen nicht bestrafen. Er will, dass sie umkehren, dass sie sich ändern.
Gottes Geduld ist Zumutung und Chance
Ja, Gott ist gerecht. Jeder Mensch muss für seine Taten einmal vor ihm Rechenschaft ablegen. Er belohnt und straft. Weil er aber vor allem retten will, hat er dabei seine eigene Zeitrechnung: Lange wartet er ab und gibt den Menschen die Chance, ihr Leben zum Guten zu wenden. Gott ist wie der Gärtner des Feigenbaums. Immer wieder gibt er den Menschen noch eine Chance, voller göttlicher Geduld.
Für uns ist das oft genug nur schwer auszuhalten und zu verstehen, vor allem, wenn böse Menschen die Mitmenschen leiden lassen. Da liegt der Gedanke nahe: Gott kümmert sich nicht. Ihm ist alles gleichgültig. Oder es gibt ihn eben nicht.
Jesus sagt: So ist es nicht. Lasst Gott seinen Weg, vertraut ihm. Und nehmt die Zumutungen eurer Zeit als Mahnung! Sie sollen euch aufrütteln, wachsam machen, dass ihr seht, wo auch euer Leben noch Umkehr und Veränderung braucht. Dankt Gott für seine Geduld, in der er ja auch euch eine Zeit der Chance gibt, zu tun, was richtig ist. Wer könnte sagen: In meinem Leben ist alles in Ordnung, da gibt es nichts mehr zu ändern, zu bessern?
Auch Jesu Antwort überzeugt nur begrenzt …
»Mein Gott, warum?« Jesu Antwort auf diese Fragen haben wir nun gehört. Sind Sie zufrieden mit seiner Antwort? Wahrscheinlich nicht so ganz. Auch Jesu Erklärung erspart uns nicht, dass wir einiges an Gottes Handeln nicht verstehen. Dass Fragen offenbleiben. Er mutet uns zu, dass wir glauben und vertrauen, auch dort, wo wir nicht verstehen. Dass wir Jesus glauben, dass Gott ein liebender und gerechter Gott ist. Ja, es bleibt dabei, dass Gott Gott ist und der Mensch Mensch, dass das göttliche Denken unser Denken übersteigt. Dass es aber genauso sicher sein Wille ist, jeden Menschen zu retten und einem guten Ziel zuzuführen, dafür steht Jesus mit seinem ganzen Leben, seiner Botschaft, aber auch seinem Leiden und Sterben. Gott will und kann den Menschen retten – auch dich und mich.
Die große Aufgabe: Trotzdem glauben, mutig umkehren
Leicht ist es nicht, angesichts all dessen das »Dein Wille geschehe« zu beten, auch und gerade dann, wenn es nicht mein Wille ist oder meinem menschlichen Verstand entspricht, was da geschieht. Leicht ist es nicht, stattdessen all das, was uns in unseren Tagen begegnet und beunruhigt, daraufhin zu befragen, ob darin ein Anstoß, eine Mahnung liegt, in meinem Leben etwas zu ändern, zu handeln, Versöhnung, Frieden und Gerechtigkeit zu stiften. Leicht ist es nicht, daraufhin wirklich dauerhaft etwas im eigenen Leben zu ändern.
Nein, das alles ist nicht leicht, aber es ist notwendig, damit wir mit unserem Leben vor Gott bestehen können, und damit durch unser Leben die Welt nach Gottes Willen heiler wird. Und weil es nicht leicht ist, dürfen wir bei aller Zumutung, die wir empfinden, dankbar sein für die große göttliche Geduld, mit der er auch auf uns wartet, bis wir endlich beginnen, unser Leben zu ändern, dass er auch uns retten und befreien kann zu einem Leben, das uns als Gottes Söhnen und Töchtern entspricht.
Fürbitten
Großer Gott, du wartest auf die Umkehr der Menschen, in deiner göttlichen Geduld greifst du nicht ein. Doch du bist auch nicht gleichgültig gegenüber dem menschlichen Leid. Du willst uns Menschen im Herzen berühren, dass wir nach deinem Willen einander in Frieden und Gerechtigkeit begegnen, einander beistehen in der Not. Höre unsere Bitten:
– Berühre die Herzen der Kriegstreiber und Gewalttäter: dass Krieg und Terror ein Ende nehmen und Frieden möglich wird. (Segne sie, segne uns und deine ganze Schöpfung!) – Berühre die Herzen der Menschen, die im Glauben unsicher geworden sind oder nicht mehr glauben können: dass sie von neuem in dir Kraft und Zuversicht finden und so auch für die Mitmenschen Mutmacher sein können. – Berühre die Herzen derer, die nur ihre eigenen Interessen sehen können und auf Kosten der Mitmenschen für sich sorgen: dass Gerechtigkeit wachsen kann, dass Arme und Benachteiligte Hilfe finden. – Berühre die Herzen der Männer und Frauen, die unsere Kinder in Kindergarten und Schule erziehen: dass sie in unseren jungen Menschen die Sehnsucht nach dir wecken und ihnen einen guten Weg im Leben und Glauben weisen können. – Berühre die Herzen der einsamen Menschen und derer, die von den Mitmenschen enttäuscht worden sind: dass sie sich von dir getragen und begleitet erfahren und Mut finden, sich wieder neu für die Mitmenschen zu öffnen.
Gott, du willst uns segnen. Du willst, dass wir einander ein Segen sind. Dafür bringen wir dir Dank und Lobpreis, heute und in Ewigkeit. Amen.
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Stefan Möhler |
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