archivierte Ausgabe 6/2023 |
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Herausgeber |
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Leseprobe 2 |
23. Sonntag im Jahreskreis |
Gemeinschaft mit Sündern |
Lesejahr A |
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Beitrag zum Evangelium
Einführung
Ob wir wollen oder nicht – wir sündigen. Natürlich auch wir Christen. In jeder Gemeinde tun Gläubige einander Unrecht an. Sünde und wie wir damit umgehen, ist und bleibt ein Dauerthema auch für uns als Kirchengemeinden. Um Sünde als Sünde zu erkennen, um Anregungen zu bekommen, wie mit Sündern umgehen, dazu erfahren wir aus den heutigen Schriftlesungen. Wir sind hier als Gemeinschaft in Jesus Christus, der gerade sündige Menschen in seine verbindende und versöhnende Gemeinschaft einbindet. Auf ihn lassen wir uns ein und feiern den großen Dank an Gott, die Eucharistie.
Kyrie-Ruf
Herr Jesus, der du Versöhnung und Vergebung bringst, wo Unfriede und Spaltung herrschen. Herr, erbarme dich.
Herr Jesus, du Freund der Sünder und Zöllner, der Ausgestoßenen und Zurückgelassenen. Christus, erbarme dich.
Herr Jesus, der du nachgehst, Menschen nicht loslässt und sie zur Umkehr rufst, wo sie sich von dir abgewandt haben. Herr, erbarme dich.
Der Herr schenke uns Nachlass und Vergebung der Sünde und führe uns zur Gemeinschaft miteinander in dieser Feier.
Tagesgebet
Barmherziger Gott, du hast uns zur Gemeinschaft mit dir in deinem Reich bestimmt. So viel im Leben trennt uns von dir und voneinander. Schenke uns die Gelassenheit und das Vertrauen, einander anzunehmen und zu vergeben, aber auch die Schwester und den Bruder zurechtzuweisen und einander zu gewinnen – wie auch du uns immer wieder annimmst in deiner Barmherzigkeit, die sucht und dem Verlorenen nachgeht. Darum bitten wir durch Jesus Christus, deinen Sohn, und in der Kraft des Heiligen Geistes, der göttliche Gemeinschaft stiftet in Zeit und Ewigkeit.
Liedvorschläge
Gesang zur Eröffnung GL 146 »Du rufst uns, Herr«
Antwortgesang mit Ruf vor dem Evangelium GL 427 »Herr, deine Güt ist unbegrenzt« und GL 174/3 »Halleluja«
Gesang zur Gabenbereitung GL 188 »Nimm o Herr, die Gaben«
Gesang zur Danksagung GL 382 »Ein Danklied sei dem Herrn«
Vorüberlegungen
Zum Text: Mt 18,15–20 (Evangelium)
Unser christlicher Glaube gründet auf der frohen und befreienden Botschaft Jesu. Als Christen – in den Kirchengemeinden – leben wir diesen Glauben in unseren Grenzen und tun, was die Bibel Sünde nennt. Die Schrifttexte bringen menschliche Schuld und Sünde ins Wort. Die Sünde ist jedoch nicht die Mitte unserer Verkündigung. Das ist oft Erfahrung mit oder Vorwurf an Kirche: Sündenfixiert und gegen Lebensfreude. Dass Sünde benannt wird, wie mit ihr im christlichen Sinn umzugehen ist und wie und dass sie mit der Frohbotschaft unseres Glaubens einhergeht, ist Sinn und Richtung der heutigen Schriftlesungen.
Predigt
Was ist Sünde? Das ist meine erste Frage beim heutigen Evangelium. Es schweigt zu der Frage. Es heißt nur: »Wenn aber dein Bruder gegen dich sündigt…« Vielleicht hat er jemanden angeschrien oder vor anderen bloßgestellt. Oder er macht gegen eine bestimmte Person Stimmung in der Gemeinde. Da fängt es an: »Sünde« in den frühen Gemeinden kann viel bedeuten: Sie schwankt zwischen einzelnen Verfehlungen und der Lebensweise eines Gläubigen insgesamt – darauf, ob sich das Tun und die Einstellung auf Gott ausrichtet oder sich von ihm abwendet. Paulus würde sagen: ob wir »in dem Geiste wandeln, in dem wir leben«. Vermutlich ist es keine banale Sache, die da gelaufen ist.
Das kann immer noch viel bedeuten. Bleiben wir bei dem Beispiel Gemeindeleben: Jemand macht gegen eine Person, vielleicht eine verantwortliche, heftig Stimmung oder macht ihr auf übertriebene und verletzende Weise Vorwürfe. Der »Bruder«, von dem im Evangelium die Rede ist, weist ihn zurecht: »Ich finde das nicht gut. Das trifft mich. Das solltest du besser mit mir direkt klären. Das ist nicht, was Jesus will.« Das ist »richtige« Kommunikation, im Sinne Jesu ohnehin: In der Ich-Form sprechen: Das finde ich nicht gut.
Vielleicht hat man nicht die richtigen Worte gefunden. Oder der Zurechtgewiesene will die Zurechtweisung nicht annehmen oder darüber nachdenken. Darum holt man ein, zwei Zeugen dazu. Sie teilen dem Sünder, der Sünderin, mit, wie sie das, was sie mitbekommen, wahr-nehmen und einschätzen. Sie kommen quasi von außen und haben einen anderen Blickwinkel und können für mehr Objektivität sorgen. Sie können entscheiden, wie mit der Sünde umzugehen ist, welche Konsequenzen es hat. Wenn der Bruder oder die Schwester noch immer bei der Sünde bleibt, die für die drei, vier Zeugen offensichtlich ist, geht man in die Gemeinde. Das können stellvertretend ausgewählte Leute oder die Gottesdienstgemeinde sein; vielleicht gab es auch andere Formen und Strukturen in der Gemeinde, die unser heutiger Evangelist Matthäus im Blick hat. Die Gemeinde entscheidet: Lässt der sündige Gläubige sich einmal mehr nicht überzeugen, wird er aus der Gemeinde ausgeschlossen. Die Gemeinde insgesamt entscheidet – kein Gemeindeleiter oder Pfarrer. Jesus hat damit die Binde- und Lösegewalt den Gemeinden übertragen.
Das kann man auf heute übertragen: Wir sind verantwortlich. Jeder Christ darf und soll die Schwester oder den Bruder zurechtweisen. Das fällt nicht jedem Gläubigen in einer Gemeinde leicht. Aber es ist unsere Aufgabe. Denn es ist unsere Berufung.
In der Gesellschaft sagt man dazu: Nicht wegducken, sondern hingucken. Wahrnehmen, den Säumigen daraufhin ansprechen – auf klare, nachvollziehbare, ehrliche, aber gewinnende Art. »So hast du deinen Bruder zurückgewonnen«, heißt es im Text.
Ich finde es schwierig, Sünde immer als Sünde zu erkennen oder zu entlarven. Die genannten Beispiele lassen sich nachvollziehen. Das christliche Unterscheidungsmerkmal kann man sicher auch teilen: Sünde zeigt sich in einem Verhalten oder einer Art, in der sich ein gläubiger Mensch von Gott abwendet und nicht im Geiste Jesu wandelt.
Was das konkret heißt, ist in der Praxis oft eindeutig, oft auch nicht. Es können unbeabsichtigte Gesten oder ein Sprachjargon sein, mit denen man Recht und Würde eines Menschen missachtet. Und so eine geschwisterliche Zurechtweisung herausfordert. Heutzutage kommt auch die digitale Kommunikation insbesondere in den social media in den Blick, die anfällig ist für sündiges und nachhaltig schädigendes, unjesuanisches Verhalten. Ich denke auch an den Lebensstil angesichts des Klimawandels, der Menschen heute und in Zukunft Lebensmöglichkeiten raubt.
Darum ist eine Stufung wie in der Gemeinderegel im Evangelium hilfreich: Man kann sich im Gespräch und geleitet von Jesu Geist vergewissern und Verantwortung und Entscheidungen teilen, mit denen man eine Schwester, einen Bruder, zurechtweist und zurückgewinnt.
Die Vorgehensweise in unserem Text macht etwas möglich und nötig: Die Gemeinde darf die Gemeinschaft mit dem sündigen Gemeindeglied lösen: »Hört er aber auch auf die Gemeinde nicht, dann sei er für dich wie ein Heide oder ein Zöllner.« Ein paar Sätze später: »Was ihr auf Erden löst …, das wird auch im Himmel gelöst sein.« Das ist der Rauswurf aus der Gemeinde, auf Deutsch gesagt. Es ist die letzte und allerletzte Möglichkeit – um der Gemeinde, um ihrer Glaubwürdigkeit, um des Sünders, der Sünderin und um Gottes Willen.
Vor diesem Ausschnitt im Evangelium steht das Gleichnis vom verlorenen Schaf, dem sündigen Schaf, dem der Herr nachgeht und das er unbedingt in die Gemeinschaft zurückholen und einbinden will. Das wollen wir auch als Gemeinden. Wir sollten es wollen – in Gottes Namen. Denn die Anfälligkeit für schnelle Urteile und Rauswürfe (auch gedanklich) ist auch in einer christlichen Gemeinde gegeben. Wie schnell passiert es in der Gesellschaft, dass Menschen aufgrund eines Fehlers medial vorgeführt und im wahrsten Sinne des Wortes sprach-los gemacht und praktisch ausgestoßen werden.
Wenn es heißt: »Dann sei er für dich wie ein Heide oder ein Zöllner«, dann heißt das auch: Genau sie hat Jesus gewürdigt und in die Gemeinschaft geholt. Jesus, der Barmherzigkeit viel besser findet als jedes Opfer. Der aber einem Einzelnen und der Gemeinschaft die Chance gibt, zur Ein-sicht zu kommen, zur Klärung, zur Umkehr und Reue.
Meister Eckhart sagt einmal: »Auch dann, wenn wir glauben, dass wir von Gott getrennt sind…, sollen wir gewiss sein, dass er sich nur so weit entfernt hat, dass er draußen vor der Tür steht und auf uns wartet.«
Noch etwas: Das Ende des Evangeliums wirbt für das Gebet. Im Herrn, der im Beten da ist, schließen wir den Sünder im Gebet ein, nicht aus. Denn wir wissen ihn in Gottes unendlich nachgehender Liebe eingeschlossen.
Fürbitten
Gott will gebeten werden. Als Sünder und als Menschen, die füreinander einstehen, bitten wir ihn:
– Wir bitten für Menschen, die sich an anderen schuldig gemacht haben. (Wir bitten dich, erhöre uns.) – Wir bitten für Menschen, die sich schwertun, anderen zu vergeben. – Wir bitten für Menschen, die unter Kriegen und unter vielen Formen der Gewalt und der Entmenschlichung leiden. – Wir bitten für die christliche Gemeinde, die sich in Gottes Liebe versammelt, die nachgeht und verzeiht, die annimmt und aufnimmt.
Darum bitten wir dich, Gott, der du den Sündern und Bittenden in Jesus nahe gekommen bist durch deine Heilig-Geist-Kraft. Amen.
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Wolfgang Braun |
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