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Leseprobe 2 |
Weihnachten – In der Heiligen Nacht |
Gott kommt – auch wenn wir nicht bereit sind |
Lesejahr A – B – C |
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Beitrag zur Lesung
Einführung
Es ist Weihnachten. Es ist Weihnachten für alle, die sich schon seit Wochen auf diesen Tag gefreut haben. Es ist Weihnachten für alle, die vor diesem Gottesdienst schon schöne Stunden mit ihren Lieben verbracht haben. Es ist Weihnachten für alle, die an diesem Abend bisher alleine waren. Es ist Weihnachten für alle, für die die Weihnachtsfreude von Kummer und Sorgen überschattet wird. Es ist Weihnachten. Gott wird Mensch. Gott kommt in unsere Welt. Gott kommt in unser Leben mit all seinen Freuden und mit all seinen Dunkelheiten. Das feiern wir in dieser ganz besonderen Nacht.
Predigt Zum Text: Jes 9,1–6 (1. Lesung)
Sind Sie bereit für Weihnachten?
Wie liefen die Weihnachtsvorbereitungen in diesem Jahr? Haben Sie alle Geschenke rechtzeitig gekauft? Und haben Sie auch ein gutes Gefühl, dass es die richtigen Geschenke sind? Ist der Weihnachtsbaum festlich geschmückt? Und dann natürlich die Frage: Ist das Haus auch ordentlich aufgeräumt? Insbesondere wenn Gäste kommen, legen wir darauf ja meistens großen Wert. »The Season’s upon us« – die Festtage stehen vor der Tür, singen die Dropkick Murphys, und in diesem Song verheißt das nichts Gutes – denn mit dem Verwandtschaftsbesuch kehrt unweigerlich Stress ein. Und selbst wenn die lieben Gäste nicht so schlimm sind wie die, über die in dem Song gesungen wird, so werden wir doch leicht nervös bei der Frage, ob für den Besuch auch alles gut vorbereitet ist. Glücklich, wer Familienangehörige und Freunde hat, denen es wirklich nur darauf ankommt, mit uns Zeit zu verbringen, und bei denen wir uns keine Gedanken machen müssen, ob auch alles für sie bereit ist, weil sie einfach immer gern zu uns kommen – und sogar noch ins größte Chaos kommen würden, ohne dass wir uns irgendwie dafür schämen müssten. Heikler wäre das vielleicht, wenn unangekündigt eine ganz wichtige Persönlichkeit am Weihnachtsabend vor der Tür stehen würde – nicht nur die Schwiegermutter, sondern vielleicht sogar der Bundeskanzler oder der König von England. Dann würden wir uns vielleicht sehr darum sorgen, ob auch alles gut genug ist bei uns.
Gott kommt in eine unvorbereitete Welt
Als Gott, der König aller Könige, der Herr aller Herren, der Schöpfer des gesamten Universums, auf unserem kleinen Planeten als Mensch ankommt, da trifft er – wie peinlich – auf eine Welt, die ganz und gar nicht für ihn bereit ist. Nicht einmal einen Platz in einer Herberge gibt es für den neugeborenen Gottessohn. Alles belegt – tut uns leid, Sie hätten rechtzeitig reservieren müssen. Und so kommt Jesus in einer notdürftigen Unterkunft auf die Welt, in einem Stall, zwischen den Tieren, mit einer Futterkrippe als Kinderbettchen – nicht gerade besonders komfortabel. Gott kommt in die Menschenwelt, und es sieht so aus, dass die Menschen diese Ankunft ganz gewaltig verpatzt haben. Dabei hätten sie doch eigentlich vorbereitet sein müssen, zumindest in Betlehem in Judäa. Eigentlich hatten sie doch über tausend Jahre Zeit, sich vorzubereiten. Jahrhunderte, in denen das Volk Israel in ganz besonderem Kontakt zu Gott stand als sein auserwähltes Volk. Die Zehn Gebote und die anderen Gesetze, der Tempel mit seinen Gottesdiensten, die Worte der Propheten – all das sollte die Menschen in diesem Volk in eine ganz besondere Beziehung zu Gott hineinholen. Und dann kommt dieser Gott persönlich zu Besuch bei diesem Volk – und es stellt sich heraus, dass es überhaupt nicht darauf vorbereitet ist. Gott kommt in eine Welt, die nicht für ihn bereit ist – wie peinlich. Aber hüten wir uns davor, mit dem Finger auf die Menschen damals in Israel zu zeigen oder wie in vielen Krippenspielen einfach den Wirt der Betlehemer Herberge als ganz schlimmen Bösewicht abzustempeln.
Gott kommt trotzdem
Ist unsere Welt heute eher bereit für Gott? Ich fürchte nicht. Wie viel Unfriede, wie viel Ungerechtigkeit gibt es in unserer Welt. Wie oft verpassen wir die Gelegenheit, Gott in den Armen, in den Kranken, in den Gefangenen und in den Fremden zu erkennen und für ihn da zu sein. Wie wenige Menschen sind es, in deren Leben Gott wirklich eine Rolle spielt. Würde Gott heute besser aufgenommen werden, wenn er heute in unsere Welt hineingeboren würde? Ja, ganz persönlich gefragt: Bin ich bereit für Gott? Gott kommt in eine Welt, die nicht für ihn bereit ist. Und genau das ist der springende Punkt an Weihnachten. Die Welt ist für Gott nicht bereit, und Gott kommt trotzdem. Gott kommt mit seinem Licht in eine Welt, die in vielerlei Hinsicht so dunkel ist. »Das Volk, das in der Finsternis ging, sah ein helles Licht«, schreibt der Prophet Jesaja. Das Volk, das in der Finsternis ging – denn da ist das Licht so dringend nötig. Nicht: Bei dem Volk, bei dem alles von schönen hellen Lichtern geglänzt hat, kam einfach noch ein weiteres Licht dazu. Gott kommt gerade in eine dunkle Welt hinein, weil die dunkle Welt sein Licht braucht. Gott kommt nicht zu Menschen, bei denen alles in Ordnung ist. Der Apostel Paulus drückt es einmal so aus: »Christus ist für uns gestorben, als wir noch Sünder waren.« Gott kommt nicht zu den perfekten Menschen – die in Wahrheit ja ohnehin nur Menschen sind, die sich für perfekt halten und sich vor anderen so zeigen. Nein, Gott kommt zu den Unvollkommenen.
Gott wartet nicht darauf, dass wir alles in unserem Leben in Ordnung gebracht haben, dass alles bestens aufgeräumt und jedes Chaos beseitigt ist. Gott kommt in eine Welt, die nicht für ihn bereit ist. Er hat nicht gewartet, bis die Präsidentensuite im Sternehotel für ihn vorbereitet war. Als in der Herberge kein Platz war, hat er vorliebgenommen mit einem Futtertrog in einem unbeheizten, stinkenden Stall. Und wenn das für Gott okay ist, dann ist es für ihn auch okay, zu mir zu kommen, zu uns zu kommen – in unser oft so unaufgeräumtes Leben, in unsere Herzen, die oft so voll sind von bösen Gedanken, von Neid, von Mutlosigkeit, von Wut. In Herzen, die manchmal dunkel sind und gerade deshalb sein Licht brauchen können.
Gottes Liebe ist Grund genug
Wir sind nicht bereit dafür, und Gott kommt mit seiner Liebe trotzdem in unser Leben, will in unserem unaufgeräumten Chaos geboren werden und uns mit seiner Liebe, mit seiner Freude beschenken. Warum? Weil es unglaublicherweise wahr ist, was die Engel vor den ebenfalls völlig unvorbereiteten Hirten singen: »Friede den Menschen seines Wohlgefallens.« Wir sind Menschen, an denen Gott Gefallen gefunden hat. Jede und jeder von uns. Nicht, weil wir es uns verdient haben. Manchmal verlieben sich Menschen ineinander, ohne dass sie irgendwie sagen könnten, warum sie sich gerade in diesen Menschen verliebt haben. Es ist ja sogar so: Wenn wir fünf gute Gründe aufzählen können, warum wir den geliebten Menschen lieben, dann wirkt das eher komisch. Liebe braucht keine Gründe. Liebe ist Grund genug. Gottes Liebe zu uns braucht keine Gründe. Seine Liebe ist Grund genug. Wir sind Menschen, an denen Gott Wohlgefallen hat, Menschen, die Gott liebt, Menschen, in deren Welt, in deren Leben hinein Gott kommen will – auch dann, wenn wir eigentlich gar nicht für ihn bereit sind.
Fürbitten
Gott kommt in unsere Welt, um uns Menschen nahe zu sein. Im Vertrauen auf den menschgewordenen Gott beten wir:
– Für alle Menschen, die Weihnachten feiern, für die Christinnen und Christen aller Kirchen, aber auch für alle, die nicht glauben, sich aber trotzdem über das Weihnachtsfest freuen. – Für alle Menschen, für die das Weihnachtsfest überschattet ist von schweren Schicksalsschlägen, von Trauer, Sorgen und Einsamkeit. – Für alle schwangeren Frauen und werdenden Väter, für die noch ungeborenen Kinder und für alle Kinder, deren Leben in unserer Welt schon begonnen hat. – Für alle Menschen, die keinen Weihnachtsfrieden erleben können, weil ihre Umgebung von Krieg und Gewalt geprägt ist – im Heiligen Land und an so vielen anderen Orten in unserer Welt. – Für unsere Verstorbenen, besonders für die, die wir an diesen Weihnachtstagen besonders schmerzlich vermissen.
Dir, menschgewordener Gott, sei Ehre und Lob, in dieser Heiligen Nacht und an allen Tagen und Nächten unseres Lebens bis in alle Ewigkeit. Amen.
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Dominik Weiß |
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