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Die Inhalte
der Zeitschrift
»Dienst am Wort«
Herausgeber
Leseprobe 3
Fünfter Sonntag im Jahreskreis
Nicht vergessen
Lesejahr B
Beitrag zur Lesung

Einführung

»Denk an uns!« Das war die Bitte am Ende eines langen Telefongesprächs, in dem eine Bekannte mir ihre Probleme mitgeteilt hat. »Ja, ich denk an euch.« Es tut gut zu wissen, dass andere an einen denken, wenn man eine schwere Zeit durchzumachen hat. Und es ist immer noch besser, an einen anderen zu denken, wenn man selbst schon nichts tun oder helfen kann.
In dieser Feier bringen wir wieder Anliegen vor, bei denen unsere Möglichkeiten zu helfen erschöpft sind. Wir denken an Menschen, die uns am Herzen liegen. Wir tun es voll Vertrauen. Denn wir denken dankbar daran, was Gott für uns getan hat und dass auch er uns nicht vergisst.

Predigt

Zum Text: Ijob 7,1–4.6–7 (1. Lesung)

Schlaflos und unruhig …

Gedanken schießen durch den Kopf. Sorgen plagen und lassen mich keine Ruhe finden. Das Durcheinander in mir lässt mich nicht einschlafen. Aufgaben und Probleme verfolgen mich bis in den Schlaf. Albträume schrecken mich auf. Weil ich keine Ruhe finde, sehne ich den Morgen herbei. – So kann es dem Kranken gehen, dessen schlaflose Nächte endlos erscheinen, dem, der unter dem Druck der Aufgaben des kommenden Tags sich erdrückt fühlt, dem, der nicht weiß, wie er in diesem Monat seine Familie durchbringen soll, dem, der verzweifelt um eine Berufsentscheidung ringt.

… wie Ijob …

»Lege ich mich nieder, sage ich: Wann darf ich aufstehn? Wird es Abend, bin ich gesättigt mit Unrast, bis es dämmert.« In der Gestalt des Ijob, des leidenden Gerechten, des ungerecht Leidenden, können sich all die wiederfinden, die so in Bedrängnis geraten sind, dass sie nicht mehr ein noch aus wissen, die sich wie ein Spielball des Schicksals fühlen, die ohnmächtig vor dem Leid oder einer aussichtslosen Situation stehen. In Ijob können wir uns alle wiederfinden, wenn wir seinen Blick auf das Leben des Menschen teilen. Dann spüren wir, wie abhängig unser Leben ist von Dingen, die wir nicht in der Hand haben. Wir wissen um die Unsicherheiten. Wir nehmen wahr, wo unsere Möglichkeiten begrenzt sind. Wir fühlen den Druck, den andere mit ihren Erwartungen erzeugen. Wir sehen, wie wir Menschen nach dem kleinen oder großen Glück jagen – in einem Wettlauf gegen die Zeit, die unweigerlich abläuft. »Ist nicht Kriegsdienst des Menschen Leben auf der Erde. Sind nicht seine Tage die eines Tagelöhners?« Mit solchen Bildern bringt Ijob diese Erfahrungen auf den Punkt.

… sich verloren und ausgeliefert fühlen

Er tut es an einem Punkt, wo ein Mensch wirklich eine solch schonungslose, vielleicht deprimierende Sicht auf den Menschen haben darf. Ijob spricht so, nachdem ihm das nach menschlichem Denken Schlimmste an Leid widerfahren ist. Er hat seine Kinder, in denen sein Name fortleben sollte, sterben sehen. Auch seine geliebte Frau stirbt. Und Ijob, der Überlebende, wird durch das Übermaß der Not krank. Er fühlt sich vergessen und verloren und sagt das seinen Freunden, die ihn mit guten Ratschlägen und Erklärungsversuchen zu helfen meinen, in aller Deutlichkeit. Aber auch wer nicht an so einem Tiefpunkt aushalten muss, kann in seinem Leben immer wieder dieses Verloren- oder Ausgeliefert-Sein zu spüren bekommen. Vielen Menschen geht es in diesen Tagen so, wenn sie auf die vielfältigen Konflikte dieser Welt schauen. Wenn sie sich mit dem Klimawandel und seinen unweigerlichen Folgen beschäftigen. Da kann man sich schon ohnmächtig ausgeliefert fühlen den Machthabern gegen über, die Entscheidungen über Leben und Tod treffen oder Konflikte als sogenannte Stellvertreterkriege nutzen. Den Gewalten der Natur oder der mangelnden Veränderungsbereitschaft von uns Menschen gegenüber.
Das, was uns in all diesen Erfahrungen wohl am meisten bedrängt, ist das Gefühl, nichts oder so wenig tun zu können, ein Schicksal erleiden zu müssen, etwas aushalten zu müssen, was ich nicht verschuldet oder zu verantworten habe.
Im alltäglichen Leben eines mehr oder weniger guten und angenehmen Lebens kann man dieses Gefühl, diese Seite des Menschseins sich leicht vom Leibe halten. Aber dort, wo ein Mensch vor einem Scherbenhaufen steht, er keinen Ausweg mehr sieht, er dem Tod entgegengeht? Dort kann ein Mensch an den Punkt kommen, wo er sich total verloren und vergessen fühlt – auch oder vor allem von seinem Gott.

Denk daran, Gott …

Ijob ist wie schon gesagt an diesen Punkt gekommen. Er klagt. Er schreit seine Not hinaus. Er rechtet und streitet mit Gott. Aber genau das ist es, was ihn letztlich davor bewahrt, völlig zu resignieren, aufzugeben und unterzugehen. »Denk daran«, schreit er seinem Gott entgegen. »Denk daran, dass mein Leben nur ein Hauch ist!« Ja, daran soll er wenigstens denken. Ob das Ijob helfen wird? Es hält ihn auf jeden Fall. Denn mit diesem »Denk daran« bringt er – vielleicht ganz unbewusst – zum Ausdruck, dass er noch nicht ganz vergessen ist, dass Gott noch an ihn denken kann.

… als Anker der Hoffnung


Dieses »Denk daran« hat schon vielen Menschen geholfen. In schweren Zeiten, in Krankheit haben sie so an Gott festgehalten. Auch in der Angst vor einem Krieg, wo Menschen sich ausgeliefert fühlen den Mächtigen, der Spirale der Gewalt, rufen glaubende Menschen dieses »Denk daran« aus. Sie bezeugen damit, dass vor Gott keine Situation verloren und aussichtslos ist. Und das mobilisiert Kräfte, auf die Straße zu gehen, zu protestieren und das Menschenmögliche zu tun.

Ein solches »Denk daran, Gott« ist keine Antwort auf die Frage nach dem Leid, noch keine Antwort, wie der nächste Schritt gehen soll oder ob es überhaupt einen nächsten Schritt zu gehen gibt. Aber egal ob es ein trotziges, ein flehendes, ein verzweifeltes »Denk daran« ist, es ist ein Anker der Hoffnung, die – je nach Situation – ertragen lässt oder zum Handeln ermutigt. Es ist ein – manchmal unbewusster – Ausdruck dafür, dass wir nicht vergessen haben, dass wir bei Gott nie vergessen sind!

Fürbitten

»Man brachte alle Kranken und Besessenen zu Jesus, und er heilte viele.« Wie die Menschen im Evangelium tragen wir jetzt Menschen mit schweren Lasten vor Gott:

– Wir beten für die Menschen, deren Leben durch Krieg und Terror bedroht ist, und für jene, die die Geschicke der Völker mitbestimmen.
– Stille – Denk daran, Gott.
(Sei ihnen nahe.)
– Wir beten für die Menschen, die sich für andere einsetzen und die unter der Last ihrer Aufgabe zu zerbrechen drohen.
– Stille – Denk daran, Gott.
– Wir beten für die Kranken: für jene, die auf Heilung hoffen können, und für jene, die spüren, dass ihr Leben zu Ende geht.
– Stille – Denk daran, Gott.
– Wir beten für die Menschen am Rand unserer Gesellschaft: für jene, die ihre Arbeit und ihr Zuhause verloren haben; für alle, die mit Alkohol und Drogen ihrer Not zu entfliehen suchen.
– Stille – Denk daran, Gott.
– Wir beten für die Menschen, an die jede und jeder von uns jetzt in der Stille denkt und denen wir unser Gebet versprochen haben.
– Stille – Denk daran, Gott.

Gott, unser Vater, in Jesus Christus hast du uns spüren lassen, dass du uns nie vergisst. Für ihn danken wir dir, und wir preisen dich, in dieser Zeit und in Ewigkeit. Amen.

Klaus Kempter

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