archivierte Ausgabe 4/2023 |
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Herausgeber |
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Leseprobe 3 |
10. Sonntag im Jahreskreis |
Freiheit des Glaubens |
Lesejahr A |
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Beitrag zur Lesung
Einführung
Wonach sollen wir uns richten, wenn wir unser Christsein leben wollen? Ziel aller anzustrebenden Veränderungen und notwendigen Erneuerungen in der Kirche muss die Verlebendigung des Glaubens in den Herzen der Menschen sein. In der Lesung aus dem Römerbrief heute fragt Paulus nach dem Glauben Abrahams und seiner Bedeutung für den Glauben der Christen. Die Betonung des Glaubens führt nicht zu einem engen Individualismus, sondern in eine offene, missionarische Weite. Der Glaube an Jesus Christus bringt Menschen zur Einheit zusammen und zur gemeinschaftlichen Verehrung Gottes.
Predigt
Zum Text: Röm 4,18–25 (2. Lesung)
Abraham sehen wir als Stammvater des Volkes Israel. »Unser Vater Abraham«, sagen die Israeliten voller Stolz. Abraham war ein Vertrauter des heiligen, unnahbaren Gottes. Er ist der Grund für das Erwählungsbewusstsein des Volkes. Volk Gottes. Abraham ist Zeichen und Anspruch der Erwählung vor Gott und den Menschen. Im Römerbrief geht Paulus aber etwas ganz anderes an Vater Abraham auf, etwas Neues. Paulus sieht: Abraham ist nicht zuerst der Vater des Erwählungsbewusstseins, des Stolzes für das Volk Israel. Denn er baute nicht auf Land, Haus, Vätersippe. Nicht auf Tugend und Leistung, nicht auf die Erfüllung von Gesetzesvorschriften. Abraham hat einfach Gott erfahren. Ohne Legitimation, frei und ohne menschliche Rücksichten traf ihn Gottes Ruf. Abraham folgte dem Ruf vorbehaltlos, rückhaltlos, frei. Er gab alles dahin und so erfuhr er das wunderbare Handeln Gottes an ihm. Paulus wagt es, solches zu sehen und zu sagen: ein jahrtausendealtes Bewusstsein seines jüdischen Volkes am zentralen Punkt umzuorientieren.
Gottes Sicht
Auch Paulus hat Gottes Zeichen erfahren im Antlitz Jesu. Er gibt Zeugnis davon, dass Jesus Christus ihm Gegenwart Gottes war. In Jesus trifft ihn Gottes Ruf und Licht. Ohne Legitimation durch Gesetz und Tempel und Ordnung, frei und einfach taucht das auf: »Uns, die wir an den glauben, der Jesus, unseren Herrn, von den Toten auferweckt hat« (Röm 4,24). Aufgrund der Hoffnung wider alle Hoffnung wird der Glaube Abrahams für Paulus zum Vorbild des christlichen Glaubens, erweist sich der Glaube Abrahams in gewisser Hinsicht sogar als christlicher Glaube, da schon Abraham an den glaubte, der die Toten lebendig machen kann. Was über die Vaterschaft Abrahams gesagt wurde, dass er Vater vieler Völker werde, gilt nicht an sich, sondern ist gesagt aus der Sicht Gottes. Paulus will Abraham beurteilt wissen aus der Sicht Gottes. Beide, Abraham und Paulus, glauben an den Gott, der die Toten lebendig macht. Ihr Glaube entsteht aufgrund des zum Leben erweckenden Rufes Gottes.
Was Paulus am Beispiel Abrahams beschreibt, ist der christliche Glaube. Der christliche Glaube ist es, der aus dem Tod, aus der Erstorbenheit von Gott hervorgerufen wird und den es als Glaube an die Verheißung Gottes gegen alle Zweifel durchzuhalten gilt. Der Glaube ist seiner selbst gewiss, dass Gottes Macht die Verheißungen vollbringt. Abraham glaubte dem Gott, der das Erstorbene zur Fruchtbarkeit erwecken kann. Dieser Glaube wurde ihm zum Heil. Wir glauben an Gott, der Jesus, unseren Herrn, von den Toten auferweckt hat, der den schändlich am Kreuz hingerichteten Jesus ins Leben gerufen hat. Darin ist unser Heil begründet.
Was Glauben heißt, ist nach Paulus an der Gestalt Abrahams abzulesen. Glaube ist nicht menschliche Einsicht in einen vorgegebenen Sachverhalt, sondern die von Gottes Ruf hervorgerufene Hingabe an Gott. Glaube ist das Gegenteil von Selbstermächtigung. Er ist das Sich-Einlassen des Menschen auf den Gott, der die Toten lebendig macht.
Wagnis des Glaubens
Für uns gilt: Wenn wir uns im Glauben an den halten, der Jesus Christus von den Toten auferweckt hat, wird uns der Glaube »als Gerechtigkeit angerechnet«, wie Paulus es in der Sprache des Alten Testaments ausdrückt. Unser Heil kommt allein aus dem Erbarmen Gottes. Im Glauben können wir uns von diesem Erbarmen des gnädigen Gottes ergreifen lassen. Abraham ist nach unserem Begriff ein kühnes Wagnis eingegangen. Kennzeichnend für dieses Wagnis des Glaubens ist sein Gegenüber, an das er sich hält, nämlich Gott, der die Schöpfung aus dem Nichts und das Leben aus dem Tod herrufen kann. Glaube an die Auferweckung Jesu ist Glaube an diesen Gott und darum auch Glaube an sein schöpferisches Handeln an uns Menschen.
Diese Erfahrung fordert uns und ermutigt uns: Mache dich frei wie Abraham vom Zwang des Bestehenden, auch wenn du daran hängst und stolz sein kannst: Besitz, Einfluss, Beziehungen. Mache dich frei vom Zwang der Leistung, vom Stolz der erfüllten Werke: Mache dich aber auch frei vom Anspruch des noch nicht Erfüllten, vom Druck einer unerreichbaren Selbstverwirklichung. Alles im Herzen kann frei und licht werden, Mut und Vertrauen wachsen im Glauben. In der Hoffnung auf Gott ist neues, freies Leben möglich.
Dabei setzen wir uns nicht selbst vor Gott ins Kalkül, sondern nehmen die Realität des eigenen Lebens in seiner Gottferne und Todverfallenheit ernst. Wir erwarten alles von Gott.
Fürbitten
Lasst uns beten zu Gott unserem Vater, damit uns Glaube geschenkt wird wie Abraham, unserem Vater im Glauben:
– Wir bitten, dass der Glaube der Getauften wachse, damit sie in der Welt Vertrauen wecken in die Botschaft von Gottes Reich. (Höre uns, Herr.)
– Wir bitten, dass Gott viele Menschen als Glaubensbegleiter schickt für alle, die ohne Orientierung sind.
– Wir bitten, dass Gott in den Herzen der Menschen Vertrauen wachsen lasse, damit Frieden möglich wird, auch wenn alles aussichtslos erscheint.
– Wir bitten, dass wir Christen der Hoffnung auf das Zukünftige mehr Raum geben in unserem Denken und Tun.
– Wir bitten, dass die Gemeinschaft im Glauben unter allen Kirchen und Gemeinschaften zur Ehre Gottes gefestigt werde.
– Wir bitten, dass Gott uns belebe, damit wir nicht Boten des Todes sind, sondern des Lebens.
Du, unser Gott, bist der Herr allen Lebens. Auch wenn der Tod uns schreckt, so wissen wir doch, dass deine Macht größer ist. Deshalb loben und preisen wir dich. Amen.
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Johannes Kreidler |
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