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»Dienst am Wort«
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Leseprobe 3
Christkönigssonntag
Das Bild des unsichtbaren Gottes
Lesejahr A

Beitrag zum Evangelium

Einführung

Christkönigssonntag und letzter Sonntag im Kirchenjahr und einige von uns vielleicht schon in Gedanken an die bevorstehende Adventszeit – wie sollen wir das in diesem Gottesdienst zusammenbringen? Die Sprache und die Themen der uns vorgegebenen Liturgie aus dem kirchlichen Festkalender und das, was wir mitbringen aus den vergangenen Tagen und im Blick auf diese neue Woche?

Unser Lied zu Beginn hat uns eine Spur gezeigt: Mit allem, was wir sind und haben, was uns bewegt und bedrängt, was uns hoffen und auch was uns bangen, lässt dürfen wir hier sein. Der lebendige Gott kommt uns mit seinem Wort und in der Feier des Mahles entgegen. Er begegnet uns in seiner Menschenfreundlichkeit.

Kyrie-Ruf

Jesus Christus, du bist für uns das Bild des unsichtbaren Gottes.
Herr, erbarme dich.

In dir ist uns die Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes erschienen.
Christus, erbarme dich.

Du bist der Weg, der uns zu Gott und zu geschwisterlicher Liebe führt.
Herr, erbarme dich.

Tagesgebet

Gott des Lebens,
in deinem Sohn und unserem Bruder Jesus Christus ist uns deine Menschenfreundlichkeit erschienen.
Wir bitten dich mit Worten des heiligen Franz von Assisi: Verleihe uns Armen um deiner selbst willen das zu tun, von dem wir wissen, dass du es willst, und immer zu wollen, was dir gefällt, damit wir, innerlich geläutert, innerlich erleuchtet und vom Feuer des Heiligen Geistes entflammt, den Fußspuren deines geliebten Sohnes folgen können und allein durch deine Gnade zu dir, Allerhöchster, zu gelangen vermögen,
der du in vollkommener Dreifaltigkeit und einfacher Einheit lebst und herrschest und verherrlicht wirst als allmächtiger Gott durch alle Ewigkeit der Ewigkeiten.

Liedvorschläge

Gesang zur Eröffnung
GL 437 »Meine engen Grenzen«

Antwortgesang mit Ruf vor dem Evangelium
GL 365 »Meine Hoffnung und meine Freude« und GL 174/4 »Halleluja« mit Vers

Gesang zur Gabenbereitung
GL 458 »Selig seid ihr«

Gesang zur Danksagung
GL 382 »Ein Danklied sei dem Herrn«

Schlusslied
GL 474 »Wenn wir das Leben teilen«

Vorüberlegungen

Zum Text: Mt 25,31–46 (Evangelium)

Die Monatsbeilage zur Zeitschrift »Christ in der Gegenwart« November 2022 »Bilder der Gegenwart« mit dem Titel »Muss Christus ein König sein« – ein Beitrag von Prof. Dr. Norbert Scholl – hat mich in meine Predigtgedanken geführt und mich inspiriert, über das »Bild des unsichtbaren Gottes«, das in Jesus Christus aufgeleuchtet ist, nachzudenken und es mit dem Anspruch der Weltgerichtsrede zu verknüpfen. Den Lernprozess, den die ersten christlichen Gemeinden durchmachen mussten, im dienenden und sich mit den leidenden Menschen identifizierenden Jesus von Nazaret den göttlichen König zu erkennen, ist der Lernprozess, den auch die durchmachen müssen, die ihn heute verstehen und ihm begegnen wollen.

Predigt

»Er ist das Bild des unsichtbaren Gottes«

So schreibt der Verfasser des Kolosserbriefes, der Apostel Paulus, an seine Gemeinde und er stellt damit gleich zu Beginn seines Ermutigungsschreibens die einzigartige Bedeutung Jesu Christi, des Sohnes Gottes, heraus. Möglicherweise war gerade die Gottesfrage in dieser Gemeinde kontrovers diskutiert worden. Vielleicht waren unterschiedliche Gottesbilder im Umlauf und beschäftigte die Gemeindemitglieder die Frage, was denn das unterscheidend Wesentliche des Glaubens an den Gott sei, der sich als der Lebendige im auferstandenen Christus zeigte. Das Bild des unsichtbaren Gottes – und dabei gab es doch das alte mosaische Gebot: Du sollst dir kein Bild von Gott machen.

Gottesbilder – damals und heute und die Auseinandersetzung, wer die Deutungshoheit hat, welches Gottesbild für den Menschen hilfreich, notwendig, menschengerecht und zukunftsweisend ist.

Mit dem heutigen Sonntag …


… endet in der Liturgie unserer Kirche das Kirchenjahr, das mit dem ersten Adventssonntag 2022 begonnen hatte. Ein großer Bogen spannte sich in der Verkündigung der biblischen Texte von der Ankunft dessen in unserer Welt und Zeit, von dem der heilige Franziskus, der vier Jahre vor seinem Tod im Wald von Greccio die erste Krippe der Welt mit lebendigen Menschen und Tieren aufstellte, bezeugte: »Das heiligste, geliebte Kind ist uns geschenkt und für uns geboren am Weg …« Die Geburt Jesu und sein ganzes Leben sind die Ansprache und Aussprache Gottes, der sich arm macht für die Armen, für die Heimatlosen und für die, die niemand haben will: Kein Platz in der Herberge.

Und der Bogen spannt sich zum heutigen Sonntag …


… mit seinem ganz anderen Bild des unsichtbaren Gottes: ein König, der auf einem Thron sitzt und Gericht über alle Völker hält. Viele Nachbildungen gibt es dazu: die großen Skulpturen an den mittelalterlichen Kathedralen und Domen mit den Szenen des erhöhten Richters, der einteilt in Gerettete und Verdammte, in Gute und Böse, in Gewinner und Verlierer, in Erlöste und Verstoßene … Zum großen Teil erschreckende und verstörende Bilder, unter denen die Menschen eintreten müssen in den heiligen Raum zum Gottesdienst mit der Mahnung und Drohung: Sei dir bewusst, es wird gerichtet. Und weiter die Bilder des verurteilten »Spottkönigs« vor Pilatus mit dessen Selbstaussage: »Ja, ich bin ein König – ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis ablege« (Joh 18,37). Die Inschrift über dem Kreuzesbalken gehört dazu: »Jesus von Nazaret, der König der Juden«; die vielfältigen Darstellungen des Gekreuzigten gehören dazu – geprägt durch die jeweiligen zeitgenössischen Glaubensauffassungen mit ihren Gottesbildern: der schmerzverzerrt sich Beugende und Gekrümmte mit der Dornenkrone und der stolz erhaben Aufrechte mit goldener Krone, die Arme herrschaftlich ausgebreitet von Ost nach West.

Christkönigsfest

Das Christkönigsfest soll am Ende des großen Bogens wie ein Schlusspunkt oder ein Ausrufezeichen sein in der Frage, welchem Bild des unsichtbaren Gottes wir uns persönlich und als glaubende Gemeinde nähern können und mit welcher Ansprache uns dieser Gott heute begegnet. Hilft uns da das Bild eines Königs – heute?

Als Papst Pius XI. das Christkönigsfest 1925 einführte, befand sich die Weit im politischen Umbruch: Der Erste Weltkrieg und seine Folgen waren immer noch präsent, überall in Europa hatten jahrhundertealte Monarchien ihre Macht verloren und wurden von Demokratien abgelöst. Kirche und Staat sollten getrennt sein, wie ein fortschreitender Laizismus vorgab. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, wollte der Papst mit dem neuen Fest an die Königswürde Jesu erinnern und den Menschen Orientierung für das eigene Leben geben und ein Zeichen der Hoffnung setzen. Und er begründete die Einführung so:

»Eine Flut von Übeln hat eben deshalb die Welt überschwemmt, weil die meisten Menschen Jesus Christus und sein heiligstes Gesetz sowohl aus ihrem persönlichen Lebenswandel als auch aus der häuslichen Gemeinschaft und dem öffentlichen Leben verbannt haben. … Wenn wir nun anordnen, Christus solle von der ganzen katholischen Welt als König verehrt werden, so wollen wir damit auch dem Bedürfnis unserer Zeit entgegenkommen und ein wirksames Heilmittel jener Pest entgegenstellen, welche die menschliche Gemeinschaft befallen hat. Die Pest unserer Zeit ist der sogenannte Laizismus mit seinen Irrtümern und gottlosen Absichten.«

Nachklänge dieser Einschätzung und Beurteilung des »Zeitgeistes« finden wir heute noch in vielen Liedern in unserem Gotteslob, wenn es beispielsweise heißt: »ein König aller Königreich«; »Keiner der Großen kann mit dir sich messen: Herrscher der Herren, König aller Zeiten … thronend im Himmel«; oder: »Das All durchtönt ein mächtger Ruf: Christ A und O der Welten! Christkönig, Halleluja«; und: »Christus Sieger,
Christus König, Christus Herr in Ewigkeit«.

Und auch die kirchlichen Riten, Traditionen und Gepflogenheiten haben da Einiges übernommen wie die prunkvolle Dreifachkrone der Päpste (die mit dem Vaticanum II abgeschafft wurde) und ihr wie auf einer Sänfte Hereingetragenwerden in den Petersdom; die Bischofsthrone in den Bischofskirchen und das segensvolle Zuwinken bei ihren Einzügen in die Gottesdienste, Beweihräucherungen, Verneigungen usw.

Wie finden wir einen Zugang zu diesem heutigen Fest am Ende des Bogens, unter dem sich die Erinnerungsgeschichten entfalteten, die uns in der Begegnung mit Jesus Christus den unsichtbaren Gott und seine Absicht mit uns Menschen und unserer Welt aufscheinen lassen wollten? Wie sollen wir es übersetzen aus seiner missverständlichen und, wie es sich aufs erste anhört, veralteten Bezeichnung, sodass seine spirituelle Kraft uns beleben und bestärken kann?

Die biblischen Zeugnisse zeigen uns, …

… dass auch schon die ersten christlichen Gemeinden umlernen und die Akzente neu setzen mussten. Im Brief an die Gemeinde in Philippi schreibt der Apostel Paulus aus einem alten Christuslied: »Er war in Gottesgestalt, hielt aber nicht wie ein Raub daran fest, wie Gott zu sein, sondern er entäußerte sich und wurde wie ein Diener, ein Knecht« und: Seid untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Christus entspricht«
(Phil 2,5–7).

Wurde Gott in vielen alten Texten, Liedern und Gebeten als König gepriesen, der seinen Sohn in die Welt sendet, dann ist der »Königsweg«, das Bild dieses unsichtbaren Gottes im Weg Jesu zu finden. Dann ist der Königssohn der Diener und Knecht aller, dann zeigt sich in seiner Ohnmacht seine Macht und dann geschieht seine Menschwerdung aus der Menschenfreundlichkeit Gottes und sein Weg zu uns ist um unseres Heiles willen. Es ist der Weg des guten Hirten, der den Seinen vorausgeht, mit ihnen geht und bei ihnen bleibt, ihnen einen Platz zum Leben zeigt und nicht davonläuft, wenn das Leben der Seinen bedroht wird. Er ist der den Menschen entgegenkommende Gott, der nicht im jenseitigen Himmel thront, sondern am Weg für uns geboren ist und an unserer Seite bleibt, sogar im Sterben und im Tod. Und das ist das Gericht und der Richtspruch, von dem das heutige Evangelium spricht: dass um Gottes und der Menschen willen die tiefste Verbindung zwischen Gott und den Menschen aufgezeigt ist, indem Gott uns in denen begegnet, die ums Leben gebracht wurden, und sich in denen erfahren lässt, die diesen Armen und Leidenden zum Leben verhelfen. Der Königsweg Gottes ist die Einheit von Gottes- und Nächstenliebe im Hier und Jetzt und Heute. Wenn Gott sich identifiziert mit den Armgemachten und Leidenden, den Verstoßenen und Verachteten, den Alleingelassenen und Bedrohten, dann entscheidet sich der Mensch für oder gegen Gott und seinen Weg, wann immer er sich für oder gegen die Armen entscheidet. Das ist die Richtung und der Richtspruch des Königtums Gottes.

Weil in Jesus Christus »die Güte und die Menschenfreundlichkeit Gottes erschienen ist« (Tit 3,4), …

… er für uns in seiner Menschwerdung und durch sein Leben das Bild des unsichtbaren Gottes geworden ist, könnte unser heutiges Fest, so ein Vorschlag des Theologen Norbert Scholl, »Fest der Menschenfreundlichkeit Jesu« genannt werden.1 Ich finde diesen Vorschlag sehr bedenkenswert, bestärkend und ermutigend. Und nächsten Sonntag werden wir singen: … sein Königskron ist Heiligkeit, sein Zepter ist Barmherzigkeit, all unsre Not zum End er bringt … so kommt der König auch zu euch …

Fürbitten2

Wir kommen in unseren Nöten und Fragen zu Gott, dessen Menschenfreundlichkeit uns in Jesus Christus, unserem Bruder und Herrn erschienen ist:

– Wer Hunger hat, soll genügend Brot haben, und wer Durst hat, soll seinen Durst löschen können. Stärke mit deinem Geist unsere Bereitschaft, unser Brot und unser Wasser mit den Hungrigen und Durstigen zu teilen. (GL 182/2 »Du, sei bei uns«)
– Wer fremd und obdachlos ist, soll aufgenommen werden. Öffne mit deinem Geist unsere Gedanken, dass wir uns den Fremden gegenüber nicht verschließen.
– Wer nackt ist, soll ein Kleid haben. Erwecke durch deinen Geist alle Verantwortlichen in Politik, Gesellschaft und Kirche, dass die Würde der Bloßgestellten und Kleingemachten durch die Gewährung der Chancengleichheit wiederhergestellt wird.
– Wer krank ist, soll lebendige Anteilnahme erhalten. Steh mit deinem Geist denen zur Seite, die unermüdlich Tag und Nacht Kranken und Leidenden beistehen und sie pflegen und betreuen.
– Wer im Gefängnis ist, soll nicht vereinsamen. Ermutige durch deinen Geist Menschen, den schweren Gang in die Gefängnisse zu gehen, um Gefangene zu besuchen und ihnen Vertrauen in das Leben zu schenken.
Menschenfreundlicher treuer Gott, höre und erhöre unser Rufen heute und alle Tage bis in Ewigkeit. Amen.


Anmerkungen:
1 Norbert Scholl, Muss Christus ein König sein? in: CiG Bilder der Gegenwart 11/2022.
2 Nach Anton Rotzetter, aus: Spirituelle Lebenskultur für das dritte Jahrtausend, Freiburg 2000.


Wolfgang Tripp

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