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Leseprobe 3 |
33. Sonntag im Jahreskreis |
Apokalyptische Zeiten? |
Lesejahr B |
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Beitrag zur Lesung
Einführung
Wir alle kommen aus einer Woche, die hinter uns liegt, und wir gehen in eine Woche, die vor uns liegt. Doch an der Schwelle zwischen beiden wollen wir innehalten und uns auf den besinnen, der alle Zeit in seinen Händen hält. Sein Wort mag uns den Weg weisen und mit Christus im Mahl vereint, mögen wir die nötige Glaubenskraft empfangen. Begrüßen wir ihn, den Herrn, in unserer Mitte.
Predigt Zum Text: Dan 12,1–3 (1. Lesung)
Unruhige Zeiten?
In was für Zeiten leben wir? Wie würden Sie unsere gegenwärtige Situation beschreiben? Die einen sprechen von Schnelllebigkeit, die anderen von Unübersichtlichkeit, wieder andere verweisen auf die enormen Herausforderungen und globalen Krisen. Tatsächlich sind es nicht wenige Probleme, mit denen wir derzeit konfrontiert sind: Klimakrise, Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten, Migrationsbewegungen, Spannungen zwischen demokratischen Ordnungen und autokratischen Regimen oder Handelskriege, um nur ein paar der gegenwärtigen Bedrohungen zu nennen. Weil die Herausforderungen nicht ab-, sondern eher zunehmen, ist mitunter zu hören, wir würden in apokalyptischen Zeiten leben. In der Tat stellt sich zuweilen ein düsteres, pessimistisches Zukunftsgefühl ein und macht sich gar eine Untergangstimmung breit.
Apokalyptische Stimmung
»Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr unsere Zukunft klaut«, so lautet ein Demonstrationsspruch der »Fridays for Future«-Bewegung. Ist die Zukunft gestohlen, gibt es keine Hoffnung mehr, keinen Ausweg und keine Zuflucht und droht ein schreckliches Ende. Eine ähnliche apokalyptische Stimmung spiegelt sich in den Schrifttexten des zu Ende gehenden Kirchenjahres wider – so auch in der heutigen alttestamentlichen Lesung aus dem Buch Daniel. Daniel prophezeit schlimme bevorstehende Zeiten: Sonne und Mond werden sich verfinstern, die Sterne werden vom Himmel fallen und Kräfte des Himmels werden erschüttert werden. Die Schreckensvisionen des Propheten Daniel sind einerseits sehr plastisch und andererseits wegen der vielen Symbolen und Bildern vielfältig deutbar. Oft wurden in der Vergangenheit Bezüge zu augenblicklichen Situationen hergestellt und sie ließen sich wohl auch leicht zu unserer Zeit finden. Drohen also Endzeit und völlige Vernichtung? Sind es eben doch apokalyptische Zeiten, in denen wir leben?
Wundervolles Ende
Bevor wir Trübsal blasen und in Angst erstarren, müssen wir uns dem heutigen Lesungstext nochmals zuwenden. Denn hier ist nicht nur von Schreckensszenarien und Katastrophen die Rede, sondern vor allem von der Hoffnung auf Auferstehung. Genau dieser Hoffnungsaspekt entfällt heute, wenn das Wort »apokalyptisch« bemüht und areligiös gebraucht wird. Doch im Gegensatz dazu ist das apokalyptische Denken der Bibel von der Hoffnung beseelt, dass am Ende alle Ungerechtigkeit überwunden und alles Unheil vergehen wird. Denn die schreckliche Endzeit ist nicht schon alles und längst nicht das Entscheidende, sie ist nur Durchgangsstadium, das die Vollendung mit sich bringen wird. Bedeutsam sind nicht die katastrophalen Endzeitvorstellungen, wie sie allzu gern in Romanen, Kinofilmen, Videospielen oder in Musik und Kunst phantasievoll in Szene gesetzt wurden und werden, sondern die Visionen von dem gänzlich Neuen, das kommen und letztlich alles überstrahlen wird.
Eigentlich beschreiben apokalyptische Texte nicht Weltuntergangsszenarien, sondern handeln von dem unwiderruflich guten, unvorstellbar schönen Ende dieser irdischen Weltzeit. Um das Kommende heller und klarer zum Leuchten zu bringen, wird die Endzeit umso drastischer geschildert. Viel wichtiger als das Ende dieser ohnehin nur vorläufigen und vergänglichen Welt ist der Ausblick auf die zukünftige, gänzlich neue und ganz andere Welt. Im Babylonischen Exil möchte der Prophet Daniel den Israeliten Trost spenden und Mut machen, indem er den Blick auf die heilvolle Zukunft lenkt, anstatt krampfhaft auf die gegenwärtige Not und Bedrohung zu blicken. Denn angesichts eines heilvollen Ausgangs lassen sich Bedrängnisse der Gegenwart besser durchstehen.
Fehlende Hoffnung?
Warum hat das Wort »apokalyptisch« für uns heute einen so negativen, bedrohlichen Klang? Weil wir die jetzige Welt schon für die letzte halten? Weil uns die Zukunftsperspektive abhandengekommen ist? Als Christen leben wir aus der Hoffnung, dass das, was ist, mit allem, was uns beglückt, ebenso mit allem, was uns bedroht, das Vorletzte und nicht schon das Letzte ist. Wir sind erfüllt von der Hoffnung, dass Christus wiederkommen und mit ihm Gottes Reich offenbar werden wird. Dann wird die alte Schöpfung neugestaltet werden, Tote werden auferstehen, wie es schon Daniel prophezeit, Tränen werden abgewischt werden und Trauer, Klage und Mühsal werden nicht mehr sein, denn was früher war, ist vergangen.
Christliche Existenz
Auf Gottes umfassende Gerechtigkeit und auf sein umfassendes Heil richtet sich unsere Glaubenshoffnung – »Dein Reich komme«! Als Christen wissen wir um die Endlichkeit dieser Welt und weil wir uns mit dem Jetzt und Hier nicht zufriedengeben, weil uns die Opfer dieser Weltgeschichte nicht unberührt lassen, weil Ungerechtigkeit und Leid nur allzu oft zum Himmel schreien, darum warten wir darauf, dass am Ende alles gut werden wird mit der Wiederkunft, der Ankunft, dem Advent Jesu Christi. Christliche Existenz ist eine adventliche Existenz und der Advent ist weit mehr als eine bloße Vorweihnachtszeit; Advent, das ist die christliche Grundhaltung des Wartens, der Erwartung und der Hoffnung.
Im Wissen um die Heilstaten Jesu Christi und um die Verheißung seines Advents sind wir den Bedrohungen dieser Welt nicht hilflos und hoffnungslos ausgeliefert. Wir blicken aus auf die verheißene Vollendung von Gottes Schöpfung und werden unserer geschichtlichen Verantwortung gerecht, wenn wir nicht die düstere Stimmung schüren, sondern Hoffnung wecken und ein Licht entzünden, wo Dunkelheit herrscht.
Fürbitten
Angesichts der Nöte unserer Zeit bitten wir Christus unseren Herrn, der wiederkommen wird, um Gottes Reich zu vollenden:
– Für alle, denen aufgrund von Enttäuschungen, Lebenskrisen oder bohrenden Fragen zu glauben schwerfällt, rufen wir: (Herr, erbarme dich!) – Für Kinder, Frauen und Männer, die hilflos Krieg, Terror und Hunger ausgesetzt sind und unsägliches Leid erfahren, rufen wir: – Für jene, deren Lebenstraum geplatzt ist, die unter Einsamkeit leiden oder die Achtung vor sich und anderen verloren haben, rufen wir: – Für alle, die ohne Hoffnung sind und von Sorgen und Ängsten aufgefressen werden, rufen wir: – Für unsere Verstorbenen, um deren Glauben du allein weißt, rufen wir:
Du, Herr Jesus Christus, hast dich für uns eingesetzt bis in den Tod. Deine Auferstehung ist der Grund unserer Hoffnung und darum preisen und rühmen wir dich, bis du kommen wirst in Herrlichkeit. Amen.
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Christoph Böttigheimer |
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