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»Dienst am Wort«
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Leseprobe 3
Jahresschluss
Rückblick in liebender Aufmerksamkeit

Thematischer Beitrag

Einführung

Jahresabschlussgottesdienst an der Schwelle der Jahre. Wir schauen zurück auf das zu Ende gehende Jahr 2023 und lassen noch einmal Revue passieren, was wir in diesem Jahr erlebt haben. Es war Gutes und weniger Gutes, Erwartetes und Unerwartetes. Wir fragen uns heute, was es uns gebracht hat. Sind wir gewachsen, vor allem in der Liebe? Nur wenige Stunden trennen uns von dem neuen Jahr. Wir sind erwartungsvoll, was es uns bringen wird. Wir hoffen, dass all das, was im letzten Jahr nicht gut war, im kommenden besser wird. So wollen wir uns besinnen und Gott um Vergebung bitten für die Fehler, die wir gemacht haben, was wir einander schuldig bleiben, und bitten um Kraft und Gnade für das Jahr 2024.

Kyrie-Ruf

Herr Jesus Christus, in der Fülle der Zeit kommst du zur Welt, wirst unser Zeitgenosse, kommst uns in unserer Zeitnot entgegen. Lass uns mit der Zeit, die hinter uns liegt, vor dir bestehen.
Herr, erbarme dich.

Herr, du lässt uns neu beginnen. Nimm uns die lähmende Sorge und erneuere uns, wenn wir einander deine Liebe schuldig geblieben sind.
Christus, erbarme dich.

Herr Jesus Christus, gestern, heute und in Ewigkeit bist du der Herr. Lass dich finden, wenn wir dich aus dem Blick verlieren.
Herr, erbarme dich.

Tagesgebet

Herr,
Anfang, Mitte und Ende liegen in deinen Händen. Du führst uns durch die Zeit. Ein Jahr geht zu Ende – ein neues beginnt. Aus dem einen nehmen wir Erinnerungen mit uns, es hat Spuren an uns hinterlassen. Das, was vor uns liegt, liegt noch im Dunkeln.
Mit unserem Fragen, unserem Hoffen und unserem Bangen stehen wir vor dir und bitten dich: Öffne uns Augen, Ohren und Herzen, damit wir in deinem Namen die geschenkte Zeit mit Liebe, Sinn und Frieden füllen können.
Darum bitten wir dich durch Christus, unsren Bruder und Herrn.

Liedvorschläge

Gesang zur Eröffnung
GL 257 »Der du die Zeit in Händen hältst«

Antwortgesang mit Ruf vor dem Evangelium
GL 70/1 »Baut der Herr nicht das Haus« mit 70/2 (Psalm 127) und GL 174/7 »Halleluja«

Gesang zur Gabenbereitung
GL 256 »Ich steh an deiner Krippe hier«

Gesang zur Danksagung
GL 382 »Ein Danklied sei dem Herrn«

Schlusslied
GL 258 »Lobpreiset all zu dieser Zeit«

Vorüberlegungen


Dieser Abend und Abschuss des alten Jahres hat für viele von uns eine große Bedeutung und einen besonderen Wert. Gemeinsam und zugleich persönlich Rückblick zu halten, dem Wirken Gottes nachzuspüren und mit dem Blick nach vorne um Segen und seine Begleitung zu bitten, ist eigentlich die Grundstruktur des christlichen Betens. Anamnetisch-epikletisch ist die innere Bewegung, die unseren Glauben und damit auch unser Leben prägt und formt.

Predigt

Vorschlag für das Evangelium: Lk 12,22–32

Im Rückblick sehen wir Licht und Schatten

Es tut gut, einen Tag am Abend ausklingen zu lassen, noch einmal zurückzuschauen auf alles, was tagsüber war; die Eindrücke und Bilder zu ordnen, ihnen nachzuspüren, Begegnungen und Erfahrungen zu verarbeiten und sich vom Gewesenen zu verabschieden.
Was für einen Tag gilt, kann erst recht für ein ganzes Jahr gut sein; sicherlich nicht für jeden einzelnen Tag dieses vergehenden Jahres. Aber wir können uns an die Höhe- und Tiefpunkte erinnern, an besondere Ereignisse, an Feste und Feiern – auch an Schmerzliches und Bedrückendes.

Die Gedanken und Gefühle werden ganz unterschiedlich sein, mit denen jede und jeder von uns auf dieses Jahr 2023 zurückblickt:
Für die einen hat es viel Gutes gebracht, Lebensfreude und Glück in der Familie, gutes Auskommen mit den Freunden, persönliches und berufliches Vorankommen, bestandene Prüfungen und Bestätigung der eigenen Lebenswege und Erfolge.
Für die anderen war der Weg durch das Jahr schwierig: Sie hatten viel zu leiden, können auf keinen Erfolg blicken, haben mehr verloren als gewonnen, sind gesundheitlich und beruflich von Krisen geschüttelt, in Beziehungen gescheitert und allein gelassen worden.
Was für uns ganz persönlich gilt, das gilt auch für uns als Gesellschaft, als Bürgerinnen und Bürger, das gilt für unser Land, Europa und die ganze Welt. Wenn wir da auf das zu Ende gehende Jahr schauen, mag es vielen schwer ums Herz werden.
So viele Probleme und Sorgen, so viel Not und Elend, so viele Katastrophen und Unsicherheit. Wo steuert das alles hin? Worüber soll man sich eigentlich die größeren Sorgen machen?
In solche und ähnliche Gedanken mag uns eine Rückschau führen. Und es wird hoffentlich nicht nur das Negative und Schwere die Oberhand gewinnen, sondern werden hoffentlich neben den schmerzlichen auch erfreuliche und neben den Enttäuschungen auch ermutigende Erfahrungen stehen.

Liebende Aufmerksamkeit als Blick-Richter


Der heilige Ignatius von Loyola, ein großer Menschenkenner und Meister des geistlichen Lebens, empfiehlt für jeden Abend eines Tages das »Gebet der liebenden Aufmerksamkeit«. Was Ignatius für das Ende eines Tages empfiehlt, können wir getrost auch auf das Ende eines Jahres anwenden.
Das erste, was Ignatius rät: Nicht mit dem Rotstift in den verschiedenen Erfahrungen herumzustreichen und uns selbst und allen anderen das Negative, die Versäumnisse und die Fehler vorzuhalten. Das verengt unseren Blick und wir sehen zuerst alles, was nicht gut gelaufen ist, was missfällt und stört. So werden wir eingeschränkt und unbarmherzig, weil wir das Gute zu wenig beachten, es gering schätzen, ja vielleicht sogar übersehen.
Befolgen wir den Rat des heiligen Ignatius und schauen wir auf die gelebte Zeit des sich neigenden Jahres 2023 also heute Abend mit wohlwollenden Augen, mit einem wachen Herzen, mit liebender Aufmerksamkeit.
Dann kann es mir vielleicht in diesem Moment bewusstwerden und aufgehen, wie mir verschiedene Menschen – von fern und nah – geholfen haben, durch ihr Dasein, durch ihr geduldiges Zuhören und durch ihr behutsames oder beherztes Zureden.
Oder ich entdecke, dass sich in mir oder auch im Nächsten bisher unbekannte Fähigkeiten neu entwickelt haben – und dass es ungeahnte Schätze im Leben gibt, an denen ich bisher achtlos vorbeigegangen bin.
Vielleicht lebe ich durch diesen Blick der Achtsamkeit nicht nur bewusster und aufmerksamer, sondern auch freier und positiver.
Es kommt mir an dieser Stelle der Ruf Jesu aus dem Lukasevangelium in den Sinn: »Sorgt euch nicht! Das Leben ist wichtiger als Nahrung und Kleidung.«
Das ist ein Dreh- und Angelpunkt für den glaubenden Menschen. Im Licht des Glaubens betrachtet geht es bei allem Handfesten und Konkreten und bei allem Kleinklein des Alltags immer auch um das Ganze des Lebens. Es geht darum, meinem Leben Weite und Größe, Sinn und einen ganz großen Horizont zu geben. Es geht bei allem Alltäglichen, das auch das vergangene Jahr ausgemacht hat, letztlich immer um das Reich Gottes. Das ist die große Perspektive, die der Glauben mir schenkt. Und die ist immer getragen von einer Haltung der Milde und der gelassenen Barmherzigkeit.

Nüchtern und dennoch voller Hoffnung schauen


Es geht nicht darum, rosarot oder realitätsfern eine tolle und beeindruckende Erfolgsbilanz des Jahres aufzustellen, sondern mit gütigen und barmherzigen Augen mein eigenes Leben, meine Mitmenschen, unsere Welt und auch unsere Kirche zu betrachten, weil Gott das hoffentlich auch so tut!
Dabei dürfen wir aber jetzt nicht verschweigen, dass dieses vergehende Jahr eben auch viele Sorgen gebracht hat, viel Not und Leid und Elend, im persönlichen, im gesellschaftlichen und auch im kirchlichen Bereich, im Großen wie im Kleinen.
Jesus will nicht, dass wir davor die Augen verschließen und das irgendwie einfach leise beiseite wischen.
Gerade beim Blick auf das Große unsere Welt kommt mir der Gedanke, ob nicht manche meiner Sorgen »hausgemacht« sind und ich mich mit Problemen belaste, die es eigentlich nicht wert sind, dass ich so viel Kraft und Zeit in sie investiere.
Beschäftigen wir uns nicht allzu oft und allzu sehr mit dem Vordergründigen, mit dem Oberflächlichen und stoßen wir gar nicht in die Tiefe vor? Bei jedem Rückblick auf das Jahr geht es auch immer um die Frage: Cui bono – wem oder wozu war das nützlich.

In die Weite und in die Tiefe


Die Perspektive des Evangeliums schenkt uns Weite. Mit ihr haben wir einen großen Auftrag, eine große Bestimmung, eine wichtige Sendung in dieser Welt: Es geht um das Reich Gottes und die Nachfolge Jesu.
So gehört zu jedem Rückblick nicht nur die liebende Aufmerksamkeit gegenüber uns und den anderen, sondern auch eine kritische Selbstbestimmung und die Fragen: Habe ich, haben wir – auch ganz konkret in unserer Pfarrei, in unserer Kirche von … – durch unser Leben im Jahre 2023 etwas vom Reich Gottes aufscheinen und aufblitzen lassen oder waren wir völlig im Vordergründigen, im Vorläufigen gefangen und beschäftigt.
So haben viele Ereignisse des zu Ende gehenden Jahres, die uns Sorgen und Leiden bereitet haben und weiter bereiten werden, vordergründige, aber eben auch hintergründige und in die Tiefe weisende Dimensionen. Manches Verbrechen dieses Jahres war vordergründig ein fürchterlicher Ausbruch von Gewalt; tiefgründig aber auch eine Anfrage an uns, welche Kultur des Zusammenlebens wir in unserem Land pflegen, wozu bei uns erzogen wird, welches Menschenbild wir idealisieren und weitergeben wollen, welchen Stellenwert Würde und Respekt voreinander haben.
Es geht bei all diesen Fragen also immer auch darum, welche letzte Bestimmung, welches letzte Ziel der Mensch hat.
Die Inflation und die Wirtschaftskrise, die große Unsicherheiten bescheren, sind vordergründig ein Resultat von Krieg, Fehlspekulation und Missmanagement. Aber hintergründig wirft es die Fragen auf, welche Ziele, Tugenden und welche Grundhaltungen für jedes Gemeinwesen nötig sind. Wir werden erinnert, dass Gerechtigkeit, Ausgleich und Wert und Würde jeder menschlichen Person Grundlage für ein gutes Miteinander sind.
Die rasante Veränderung unseres Klimas ist vordergründig das Ergebnis von Ausbeutung und wahlloser Zerstörung der natürlichen Ressourcen. Wir haben unsere Mutter Erde, das gemeinsame Haus, wir haben die uns anvertraute Schöpfung behandelt wie einen Wegwerfartikel. Hintergründig ist für mich damit die Frage verbunden, ob wir völlig vergessen haben, dass wir vor allem von Gott zur Verantwortung gerufen sind. Uns wurde alle Schöpfung anvertraut, die materielle Welt, aber auch die Welt der Gedanken, Ideen, Worte.
Sind wir bereit, dafür Verantwortung zu übernehmen? Unser Tun, Denken, Sprechen auszurichten und abzustimmen auf das, was letztlich dem Ziel entspricht, das Gott für alles Leben vorsieht: nämlich Gemeinschaft, Versöhnung, Frieden?
Ein Jahr neigt sich dem Ende zu und es beginnt in wenigen Stunden unser gemeinsamer Weg ins neue Jahr 2024. Was wird er uns bringen, was wird uns erwarten, was können wir gestalten? Was wird uns vordergründig und hintergründig beschäftigen und abverlangt werden? Viele Fragezeichen, die vor uns liegen.
Für den Weg in die Zukunft wird es gut sein, sich an bestimmte Grundregeln zu erinnern. Das möchte ich gerne mit den Worten des unvergleichlichen Augustinus tun: »Hinsichtlich des Notwendigen herrsche Einheit, hinsichtlich des Zweifelhaften Freiheit und in allem die Güte!«

Fürbitten

Gott, du hast dich den Gesetzen der Zeit unterworfen, um unsere Zeit zu heilen und zu erneuern. Dich bitten wir:

– Für alle, die im vergangenen Jahr unseren Weg bereichert haben, für die, die uns treue Weggefährten und Freunde waren.
– Für alle, die wir enttäuscht oder verletzt haben, und die, zu denen wir den Kontakt abgebrochen haben; für die, die wir einfach vergaßen. Bewahre sie in deinem Gedächtnis und bringe sie uns neu in Erinnerung.
– Für die Kranken und Verbitterten, die auch im kommenden Jahr einsam sind; für die Menschen ohne Arbeit und ohne Lebensmut; für die, die mit Sorge in das neue Jahr blicken, für alle Opfer von Krieg und Gewalt in der Ukraine und anderswo. Sei du ihr Licht, schenke hoffnungsvolle Perspektiven, rettende Gedanken und eine helfende Hand.
– Für unseren Planeten, deine Erde, die in deinen Händen ruht und der doch so viele Wunden auch durch uns geschlagen werden. Für alle, die sich für den Erhalt deiner Schöpfung einsetzen, für alle, die unter dem Wandel des Klimas leiden, für alle, die den kommenden Generationen Perspektiven öffnen möchten.
– Für uns selbst, dass wir uns nicht überfordern und uns in Gefahren stürzen. Lass uns unsere Grenzen annehmen und ermögliche uns, die Talente und Charismen zu entfalten, die du in uns hineingelegt hast.
– Beten wir für unsere Kranken, beten wir für alle, die trauern, die mühselig und beladen sind, bitten wir für unsere Verstorbenen.

Gütiger Gott, in Zeit und Ewigkeit umfängst du uns in deinem Sohn Jesus Christus mit deiner Liebe und deinem Erbarmen.
Dafür danken wir dir, jetzt und immerdar. Ame


Christian Böckmann

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